Polen: Kreuzzug gegen das Kreuz

Polen: Kreuzzug gegen das Kreuz
Polit-Rebell Janusz Palikot will das Kreuz aus dem Parlament verbannen. Für erzkatholische Polen ein Skandal.

Seit 1997 hängt direkt über dem Eingang zum polnischen Parlament (Sejm) ein hölzernes Kruzifix, unter ihm müssen alle Abgeordneten durch. Was bei jeder TV-Übertragung zu sehen ist, bringt den neuen Polit-Star Janusz Palikot auf die Palme: "Es gibt keinen Grund, dass sich das Kreuz dort befindet. Die Verfassung sagt klar, dass der Staat weltlich ist."

Der frühere Abgeordnete der regierenden "Bürgerplattform" (PO) hat bei den Wahlen am 9. Oktober mit seiner Rebellenpartei "Bewegung Palikot" überraschend zehn Prozent eingefahren. Jetzt will er es seinen Wählern recht machen und die polnische Gesellschaft modernisieren.

Als ersten Streich beantragte er, das Kreuz aus dem Parlament zu entfernen. Dieser Antrag ist für traditionelle Katholiken ein Anschlag - auf sie und ihre Werte. "Das Kreuz ist mit polnischer und europäischer Tradition verbunden", argumentiert Jaroslaw Kaczynski, der Chef der oppositionellen "Recht und Gerechtigkeit" (PiS). Er unterstellt Palikot und seinem Gefolge "verrückte Ansichten".

Bischöfe toben

Polens Bischöfe reagieren weit heftiger, das Sejm-Kreuz war am Wochenende Hauptthema einer Sitzung des Episkopats: Der Erlöser am Kreuz habe seinen Feinden verziehen, die Kreuzgegner wollten ihre Feinde töten, sagte Jozef Michalik, der Vorsitzende der Bischöfe. Er warnte vor einer "Ideologie des Hasses". Danzigs Erzbischof Slawomir Glodz fühlte sich an die Machtübernahme der Kommunisten nach 1945 erinnert.

Die Kirche erlitt im Ostblock eine Zeit der Unterdrückung und Beschränkung durch die Kommunisten. Doch nach der Wende konnte sie sich in der Politik des Landes, das von mehr als 90 Prozent Katholiken bevölkert ist, in ihren wichtigen Fragen wie Abtreibung und Religionsunterricht stets durchsetzen.

Selbst die "Demokratische Linksallianz" - Nachfolgeorganisation der einstigen Staatspartei - wagte keinen offenen Konflikt mit der Kirche. Ihr "Superstar" Aleksander Kwasniewski (Präsident von 1995 bis 2005) war vom "Superstar" der Gegenseite, Johannes Paul II., 1999 sogar zur Fahrt im Papamobil durch Krakau eingeladen worden.

Die Linke protestierte auch nur schwach, als Abgeordnete des damaligen Wahlsiegers "Wahlbündnis Solidarnosc" das Kruzifix 1997 einfach aufhängten. Mit der "Bewegung Palikot" kam erstmal eine offen kirchenkritische Partei auf die Bänke des Sejms. Die Regierung tut Palikots Ansinnen als "politisches Happening" ab. Doch der Rebell will notfalls bis zum Europäischen Gericht für Menschenrechte in Straßburg ziehen.

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