Piraten sammeln sich auch in Österreich

Piraten sammeln sich auch in Österreich
Der Auftakt zur Parteigründung verlief leicht chaotisch: Am Sonntag beschäftigte sich die neue Partei mehr mit Personen als mit dem Programm.

Das Haar ist schulterlang, auf der Brust baumelt ein Totenkopf-Anhänger und wer daran zweifelt, dass Sylvester Heller "Pirat" ist, den könnte sein grimmiger Spitzname überzeugen: "Hellboy" – der Bursche aus der Hölle.

Ein Hinterhofbeisl in Wien-Ottakring am späten Vormittag. Die Luft ist zum Schneiden und Hellboy ist einer der Platzhirsche: Hier findet die "Bundesgeneralversammlung der Piratenpartei Österreichs" statt. Für gewöhnlich keine große Sache, Kleinparteien tagen ständig.

Piraten sammeln sich auch in Österreich

Doch heute ist vieles anders. Denn kürzlich ist der deutschen Piraten-Partei zum zweiten Mal der Sprung in einen Landtag geglückt.

Die rot-weiß-rote Schwesterpartei wittert Morgenluft, und da sich Fernsehen wie Zeitungen für diese neue Bewegung begeistern, ist der Andrang ansehnlich: Kamerateams pflügen durch die Reihen, am Eingang stehen Interessenten Schlange.

Auch ein deutscher "Star" ist da: Fabio Reinhardt, Vize-Fraktionschef der Berliner Piraten, gibt bei den Ösis den Moderator – zu diskutieren gäbe es ja viel: Man will sich eine Struktur und ein Programm geben, hatte man vorab erzählt.

Schrecksekunde

Piraten sammeln sich auch in Österreich

Beinahe wäre es dazu freilich gar nicht gekommen. Von den 794 stimmberechtigten Mitgliedern waren nur 51 vor Ort – klar weniger als die geforderten zehn Prozent. Die Satzungen retten den Tag. Denn nach einer Stunde Wartezeit genügten auch fünf Prozent.

Gleich zu Beginn dann ein Höhepunkt: Lola Voronina, Generalsekretärin der Dachorganisation, stellt via Laptop eine Leitung zu den Moskauer Parteifreunden her. Wer genau der pausbackige, Cola schlürfende Bartträger war, dem Voronina Grüße übermittelte, blieb unklar. Aber immerhin verlautbarte die in Burberry-Gummistiefel und T-Shirt gewandete Russin, dass die österreichischen Freibeuter zu ihren Lieblingspiraten gehören.

Für Außenstehende war die Veranstaltung kaum zu durchschauen: Da waren die ungewöhnlichen Namen ("Gizmo", "mitom2", "Harmonizer", etc.). Da war das fast völlige Fehlen von Frauen, das ein Vorstandsmitglied als "natürliche Erscheinung" erklärte – die Partei komme aus der IT-Branche.

Ausschluss

Und da war noch die Tatsache, dass man am Ende nicht über Inhalte diskutierte, sondern Posten vergab. "Die Programm-Diskussion kommt in zwei Monaten", sagte Hellboy. Die Piraten verbrachten den Tag in Endlos-Debatten, wie man Mitglieder und Teil-Organisationen ausschließt – und wer Chef werden darf.

Der deutsche Gast Fabio Reinhardt wirkte mäßig euphorisch und das lag vielleicht auch daran, dass die Piraten am Ende nicht einmal einen Boss wählten: Auf Antrag von Hellboy wurde der Job des Bundessprechers gestrichen, man spricht im Kollektiv. Oder, um im Genre zu bleiben: Das Piratenschiff hat keinen Kapitän.

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