Pakistani-Arzt forschte Bin Laden aus

US-Verteidigungsminister Panetta spricht erstmals offen über den Arzt, der im Auftrag der CIA den Terrorchef ausspionierte.

Schon am Tag nach der Ermordung Bin Ladens durch eine US-Eliteeinheit war Shakil Afridi in den Kerkern des pakistanischen Geheimdienstes ISI verschwunden. Jetzt hat US-Verteidigungsminister Leon Panetta in einem Interview erstmals öffentlich die Schlüsselrolle eingestanden, die der pakistanische Arzt bei der Jagd auf den Terrorpaten gespielt hatte. Im Auftrag der CIA führte er ein vorgetäuschtes Impfprogramm in Abbottabad durch, jener Stadt in der sich Bin Laden mit seinen Getreuen versteckt hielt. Er impfte auch den El-Kaida-Chef persönlich und gelangte so an dessen DNA . Die wurde dann in den Labors der CIA ausgewertet. Ein Abgleich mit Proben von Mitgliedern der Bin-Laden-Sippe stellte dann die Identität eindeutig fest.

Pakistan hat den inhaftierten Mediziner schon im Herbst wegen Hochverrat und Verschwörung gegen seine Heimat angeklagt. Details über das Verfahren sowie der Aufenthaltsort von Afridi und sein Gesundheitszustand sind unbekannt. Panetta gab gegenüber dem Nachrichtensender CBS zu, dass die US-Regierung "sehr besorgt" darüber sei, "was Pakistan mit ihm angestellt hat. Er hat wichtige Aufklärungsarbeit für diese Operation geliefert und in keiner Weise Pakistan verraten. Schließlich haben unsere beiden Länder ein gemeinsames Anliegen beim Kampf gegen den Tourismus."

Druck von Islamisten

Ursprünglich war ja zwischen den Regierungen in Islamabad und Washington vereinbart worden, dass der Arzt an die USA übergeben werde, sobald sich die Aufregung in Pakistan über die Ermordung Bin Ladens gelegt habe. Doch offensichtlich unter Druck radikaler islamistischer Gruppierungen und des traditionell mächtigen Geheimdienstes hielt sich Präsident Zardari nicht an die Abmachungen. Der Prozess gegen den Arzt in Pakistan läuft, ihm droht die Todesstrafe.

Doch Washington hat ohnehin längst das Vertrauen in Pakistan als Partner im Kampf gegen den Terror verloren. Man geht davon aus, dass einflussreiche Mitglieder der pakistanischen Führung über Bin Ladens Aufenthaltsort Bescheid wussten und ihn schützten. Die US-Operation gegen den El-Kaida-Chef wurde daher durchgeführt, ohne Pakistan vorab zu informieren. Man fürchtete, wie es Panetta im Interview offen aussprach, dass Bin Laden ansonsten gewarnt worden wäre und flüchten hätte können.

Nicht nur diesen Einsatz auch die Angriffe auf Taliban-Gruppierungen oder deren Stützpunkte in Pakistan mit unbemannten Drohnen führt das US-Militär durch, ohne die pakistanischen Behörden auch nur zu informieren. Islamabad betrachtet diese Einsätze als klare Verletzung seiner Souveränität. Die diplomatischen Beziehungen sind daher an einem Tiefpunkt angelangt.

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