Opferanwalt berichtet von Todesfall

Johannes Öhlböck erhebt neue Vorwürfe gegen das Kinderheim. Die Tätigkeit der Historikerkommission zieht er in Zweifel.

Kinder sind zu Tode gekommen. Das Opfer hat das sehr detailgetreu geschildert. Die Frau ist glaubwürdig."

Das sagt Opferanwalt Johannes Öhlböck zu den nun bekannt gewordenen Vorwürfen über einen möglichen Todesfall im Kinderheim Schloss Wilhelminenberg. Die heute 69-jährige Elfriede S. behauptet im Gespräch mit dem KURIER, eine Lehrerin (Name der Redaktion bekannt) habe in den 50er-Jahren ein Mädchen in einer Klasse zu Tode getreten.

Dieser Vorwurf ist auch der Historikerkommission der Stadt Wien bekannt. Ob das Mädchen tatsächlich gestorben ist, könne man aber nicht bestätigen: "Es ist nicht auszuschließen, aber ich halte die Erzählungen für kein sicheres Indiz dafür, dass das Mädchen tatsächlich gestorben ist", sagt Vorsitzender Reinhard Sieder. Das Mädchen könnte auch zuerst in ein Spital gebracht und anschließend in ein anderes Heim überstellt worden sein, räumt Sieder ein.

Verfahren eingestellt

Die Stadt Wien bestätigt, dass eine Anzeige zu einem möglichen Todesfall im ehemaligen Kinderheim vorliegt. Das Verfahren sei jedoch von der Staatsanwaltschaft bereits 2010 eingestellt worden. Laut Rathaus hat sich im Vorjahr eine Frau an die Stadt gewandt, die davon berichtete, dass in den 1950er-Jahren ein Kind zu Tode gekommen ist. Ob es sich dabei um dieselbe Frau handelt, die nun gegenüber dem KURIER diese Vorwürfe erhebt, wollte man bei der Stadt Wien nicht sagen.

In der Zwischenzeit häufen sich die Fragen nach der Glaubwürdigkeit der Aussagen von Eva L. und Julia K. bezüglich systematischer Vergewaltigungen in den Schlafsälen. Anwalt Öhlböck: "Die beiden Frauen sind absolut glaubwürdig und authentisch. Eine Geschichte dieser Art kann nicht erfunden werden. Das ist unmöglich." Öhlböck fordert nun die Politik auf, die Archive zu öffnen.

Auch von Seiten der Kinder- und Jugendanwaltschaft gelten die Vorwürfe als glaubwürdig. Und auch Elfriede S. spricht von Vergewaltigungen in den 50er-Jahren.

Öhlböck fordert indes eine neue Qualität der Kommissionen ein, die die Missbrauchsvorwürfe im Kinderheim Schloss Wilhelminenberg prüfen sollen. Dazu sollen sich Experten aller Parteien aus Landtag und Nationalrat formieren - den Vorsitz sollten nicht pensionierte Richter oder Staatsanwälte übernehmen.

Rund 400 Opfer haben sich bis jetzt bei der Opferschutzorganisation Weisser Ring gemeldet. 26 davon sind ehemalige Bewohner des Kinderheims am Wilhelminenberg. Die Dunkelziffer der Opfer dürfte noch höher sein. Öhlböck geht von einer vierstelligen Ziffer aus.

Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle sei überdies "nicht positiv", meint der Anwalt über die von der Stadt Wien eingesetzte Historikerkommission. "Besonders tief kann diese Kommission nicht gegraben haben."

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