Österreicher werden zu oft ins Spital geschickt

Österreicher werden zu oft ins Spital geschickt
Laut OECD ist Österreichs Gesundheitssystem zwar gut, aber zu teuer. Nirgendwo sind mehr Patienten unnötig im Spital.

Wer in Österreich einen Arzt oder ein Spital aufsucht, wird gut betreut; die Zahl der Fachärzte und Hightech-Geräte in den Ordinationen ist auffallend hoch, und das zeigt sich auch in der gestiegenen Lebenserwartung der Patienten.

So lauten die positiven Befunde, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD, gestern im Zuge eines internationalen Vergleichsstudie präsentierte.
Gleichzeitig sprachen die Experten aber eine deutliche Warnung aus. "Denn ohne Reformen", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria, "wird die Qualität der Versorgung langfristig nicht aufrechtzuerhalten sein."

Konkret weisen die OECD-Beobachter auf folgende Probleme hin:

- Zersplittert
Österreichs Gesundheitssystem ist viel zu kompliziert, die Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung sind zu zersplittert ("fragmentiert") - und das passiert zum Nachteil von Patienten bzw. Versicherten. So kritisiert die OECD, dass sich jedes Bundesland sein eigenes Spitalssystem leistet, weil dadurch die Spezialisierung einzelner Spitäler leidet.
Als konkretes Beispiel nennen die Experten Operationen bei Brustkrebs: Um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen, muss ein Spital eine gewisse Anzahl an Operationen durchführen. Laut OECD sollten in Österreich daher maximal 35 Spitäler derartige Eingriffe durchführen, tatsächlich sind es 110 - mit entsprechend negativen Auswirkungen auf "Effizienz und Qualität".

- Spitäler spielen zu große Rolle
Laut OECD ist die heimische Betreuung von Kranken zu stark auf stationäre, meist im Krankenhaus erbrachte Behandlungen ausgerichtet. Die Konsequenz: Während Asthma, Bluthochdruck oder Bronchitis in vergleichbaren Ländern wie Schweden, Deutschland oder Dänemark sinnvollerweise von niedergelassenen Ärzten behandelt werden, landen Patienten hierzulande vielfach stationär im Spital. Österreich ist Spitzenreiter bei vermeidbaren Spitalsaufenthalten und verschwendet so Geld, das für andere medizinische Leistungen verwendet werden könnte.


- Gerechter Zugang, schlechte Ergebnisse

Obwohl jeder Patient in Österreich vergleichsweise unbürokratisch einen Hausarzt, Spezialisten oder ein Spital konsultieren kann, ist der Gesundheitszustand der einzelnen Sozialversicherten höchst unterschiedlich - auch das kritisiert die OECD. Konkret weist sie darauf hin, dass wesentliche Gesundheitsindikatoren wie etwa die Lebenserwartung oder messbares Übergewicht sowohl zwischen sozialen Gruppen als auch zwischen einzelnen Bundesländern zu stark differieren.

Österreicher werden zu oft ins Spital geschickt

Gesundheitsminister Alois Stöger sieht sich angesichts der Resultate in seinen Reform-Bestrebungen bestätigt."Wir haben viele Empfehlungen der OECD bereits auf den Weg gebracht", sagt Stöger im KURIER-Gespräch.

Die kritisierte "Fragmentierung" könne das angepeilte bundeseinheitliche Spitalsgesetz verbessern. Und mit Projekten wie der eMedikation oder dem Spitalskompass werde man die Transparenz und damit auch die Qualität im Gesundheitssektor heben.

Bund und Länder: Laufende Reformen
Krankenanstaltengesetz
Derzeit gibt es in Österreich ein solches Gesetz pro Bundesland und eines für den Bund. Die Regierung will nur noch ein bundesweit geltendes Gesetz. Planung, Steuerung und Finanzierung der Spitäler sollen im wesentlichen dem Bund obliegen, nicht den Ländern. Zweck ist es, das Ausgabenwachstum der Spitäler zu dämpfen und an das Wachstum des Brutto-Inlandsproduktes zu binden. Mit der Reform ist erst ab 2015 zu rechnen, wenn der neue Finanzvertrag zwischen Bund und Ländern in Kraft tritt.

Steiermark/OÖ
In beiden Ländern werden im Zuge von Reformen Akutbetten abgebaut und Fachabteilungen geschlossen. In OÖ sollen die Kosten bis 2020 um 2,3 Milliarden Euro sinken, in der Steiermark um rund 100 Millionen.

Spitalskompass
Unter www.spitalskompass.at kann nach Krankheitsbildern, Leistungen und Fachbereichen gesucht werden. So ist zu erfahren, wo, welche Operationen und
Therapien angeboten und wie häufig sie durchgeführt werden.

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