NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke ist tot

Priebke wurde 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Der ehemalige SS-Hauptsturmführer ist in Rom 100-jährig gestorben.

Der NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke ist im Alter von 100 Jahren in Rom gestorben. Dies teilte ein Rechtsanwalt Priebkes mit. Der Ex-SS-Mann stark in seiner römischen Wohnung, in der er sich unter Hausarrest befand. Er hatte im Juli seinen 100. Geburtstag gefeiert.

Priebke war als SS-Hauptsturmführer (Hauptmann) 1944 an der Tötung von 335 Zivilisten in den Ardeatinischen Höhlen in Rom beteiligt. Deswegen war er 1998 in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Seit 1999 verbüßte Priebke wegen seines Alters und seines schlechten Gesundheitszustandes die Strafe im Hausarrest. Priebke war zuletzt fast taub und hatte fast ganz sein Gedächtnis verloren. Der in Argentinien untergetauchte Ex-Offizier wurde 1994 dort festgenommen und später nach Italien ausgeliefert.

Begnadigungsgesuche

Priebkes Rechtsanwalt kämpfte seit Jahren für die Begnadigung seines Mandanten. Entsprechende Gesuche wurden unter Hinweis auf dessen Alter bereits mehrfach eingebracht, aber stets abgelehnt. Das Massaker in den Ardeatinischen Höhlen in Rom war eine der blutigsten Gräueltaten der deutschen Wehrmacht in Italien. Es handelte sich um eine Vergeltungsaktion für einen Anschlag italienischer Partisanen auf 33 deutsche Soldaten.

Spruchbänder

Erst Ende Juli hatten rechtsextremistische Gruppen vor der römischen Wohnung, in der Priebke unter Hausarrest lebte, sowie in anderen Orten der italienischen Hauptstadt Spruchbänder für den SS-Mann ausgerollt. „Alles Gute Kapitän (unkorrekt rückübersetzt für Hauptmann/Capitano, Anm.)! Gott verurteile Deine Ankläger“, war auf einem Spruchband zu lesen. Spruchbänder für Priebke wurden auch vor dem Sitz der Partisanenvereinigung ANPI ausgerollt. Der Verband verurteilte die Aktion scharf.

Freitagabend wurde bekannt, dass Argentinien die sterblichen Überreste Priebkes nicht annehmen will. Außenminister Timerman habe "den Befehl erlassen, nicht die geringsten Bestrebungen zur Rückführung der Leiche" hinzunehmen. Der 100 Jahre alte einstige SS-Offizier sollte laut seinem Anwalt neben seiner Frau in Argentinien beerdigt werden.

Der Fall des in Hennigsdorf in Brandenburg geborenen Erich Priebke, der am Freitag in Rom im Alter von 100 Jahren gestorben ist, war einer der großen NS-Kriegsverbrecherfälle der vergangenen Jahrzehnte. Insgesamt 335 Zivilisten wurden im März 1944 in den Ardeatinischen Höhlen in Rom mit Genickschüssen getötet, als Vergeltung für ein Partisanen-Attentat in der römischen Innenstadt, bei dem einen Tag zuvor 33 Angehörige einer SS-Polizei-Grenadierdivision ums Leben gekommen waren. Die Erinnerung an das Massaker ist bis heute in Rom allgegenwärtig. Der Ort des Verbrechens ist eine viel besuchte Gedenkstätte, in der ganzen Stadt erinnern Marmortafeln an die Opfer des SS-Terrors.

Hitler gab den Befehl

SS-Hauptsturmführer (Hauptmann) Priebke, damals 30 Jahre alt, und SS-Sturmbannführer (Major) Karl Hass, damals 31, töteten je zwei Geiseln. Das haben sie selbst nie geleugnet. "Wir mussten es tun, das war ein Befehl", lautet ihre Rechtfertigung. Persönliche Schuld haben sie nie eingeräumt. Adolf Hitler soll höchstpersönlich den Vergeltungsakt angeordnet haben. Der aus Österreich stammende Gestapo-Chef in Rom, Herbert Kappler, organisierte das Massaker. Nach dem Krieg wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihm gelang 1977 unter bis heute ungeklärten Umständen die Flucht.

Priebke spielte als Mitarbeiter Kapplers - er war Verbindungsoffizier zur italienischen Polizei - bei dem Massaker eine zentrale Rolle, denn dem Urteil zufolge führte er die Namensliste der Todeskandidaten. Er bestritt dies jedoch hartnäckig. Wie alle anderen anwesenden Offiziere, darunter Hass, musste Priebke zumindest zwei Geiseln selbst erschießen. Eigentlich hätten "nur" 330 Geiseln sterben sollen - zehn je getöteten SS-Mann. Dass letztlich fünf mehr starben, wurde Kappler bei seinem Prozess zum Verhängnis. Auf der Liste der Opfer der Ardeatinischen Höhlen standen politische Häftlinge ebenso wie einfache Kriminelle. 75 römische Juden, die ursprünglich in ein Vernichtungslager transportiert werden sollten, kamen ebenfalls auf die Todesliste, darunter zwei 15-jährige Jugendliche. Nach dem Massaker sprengte die SS den Eingang der Höhle, um jeden Zutritt zu verhindern. Doch bereits in der folgenden Nacht machen Gerüchte über den Massenmord die Runde in Rom.

Argentinien

Nach Kriegsende waren er und Hass wie Zehntausende andere SS-Angehörige ungeschoren davon gekommen. Hass begann in der Schweiz unter seinem eigenen Namen ein neues Leben. Priebke ging nach Argentinien, wo er im Anden-Ort Bariloche einen Feinkostladen führte und mit seiner Frau zwei Söhne großzog. Er leitete auch den örtlichen deutschen Kulturverein. Sowohl die deutsche als auch die italienische Justiz ließen ihn unbehelligt.

Bis 1994 lebte Priebke unbehelligt unter seinem echten Namen in Bariloche. Dann entdeckte ihn ein nach Nazis recherchierender US-Journalist und Priebke wurde nach Italien ausgeliefert. Priebke kam als angeklagter Kriegsverbrecher in das römische Militärgefängnis Forte Boccea. Im Mittelpunkt des Prozesses gegen ihn stand die Frage, ob er die Mitwirkung an dem Massaker hätte verweigern können. "Ich wäre selbst erschossen worden, wenn ich mich geweigert hätte", sagte Priebke. Historiker bezweifelten dies. 1996 erging das Urteil. Es war ein Freispruch, der weltweite Empörung hervorrief. Priebkes Verantwortung sei eindeutig, doch wegen seines hohen Alters könne er nicht mehr verurteilt werden, befand das Militärgericht.

Hausarrest seit 1999

Schließlich wurde aber das italienische Urteil aufgehoben und Priebke musste erneut in Rom vor Gericht. Im neuen Prozess 1997 wurde Priebke zu 15 Jahren verurteilt, Hass zu zehn. Je zehn Jahre wurden ihnen erlassen, Hass war damit sofort frei. Beim Berufungsprozess ein Jahr später kam jedoch wieder alles anders. Lebenslang für beide Angeklagte, lautete das Urteil am 7. März 1998. Seit 1999 stand Priebke wegen seines hohen Alters in Rom unter Hausarrest.

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