Nigeria: Kritik an „feiger Gewalt“

Nigeria: Kritik an „feiger Gewalt“
Während der Weihnachtsmessen waren an fünf verschiedenen Orten mehr als 40 Christen getötet worden.

Es war der heurige Christtag, die Morgenmesse in der St. Theresa Kirche in Madalla war gerade zu Ende. Man wünschte einander frohe Weihnachten, ein bisschen vorsichtig, denn man wusste, dass Weihnachtsfeiern zum Ziel der radikalen Islamisten des Landes auserkoren waren. Und plötzlich wurde der Vorort der nigerianischen Hauptstadt Abuja von einer schweren Explosion erschüttert. Fenster zerbarsten, Autos standen in Flammen, das Dach der Kirche stürzte ein. Mindestens 35 Menschen starben in Madalla.

Aus drei weiteren Städten des Landes wurden im Laufe des Tages Explosionen gemeldet. In Jos riss eine Bombe die Mauer einer Kirche um, ein Polizist wurde getötet; In Gadaka wurde bei einer Explosion glücklicherweise niemand verletzt. In Damaturu verübte ein Selbstmordattentäter einen Anschlag auf einen Konvoi der Geheimpolizei, mehrere Menschen wurden getötet, mehrere verletzt.

Noch am Sonntag bekannte sich die islamistische Sekte Boko Haram zu den Anschlägen, eine unabhängige Bestätigung gab es aber zunächst nicht. Die radikalen

Islamisten kämpfen seit einigen Jahren für die Errichtung eines islamischen Gottesstaates im mehrheitlich muslimischen Norden des Landes (siehe Zusatzbericht) . Ein Sprecher der Gruppe warnte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP vor weiteren Anschlägen.

Es war nicht das erste Mal, dass in Nigeria die Besucher von Weihnachtsmessen Ziel eines Anschlags wurden. Am 24. Dezember 2010 wurde die Stadt Jos mehrere Male von Bomben erschüttert, in Maidugure attackierten Dutzende Angreifer eine Kirche. Insgesamt starben am Heiligen Abend des Vorjahres mehr als 80 Menschen bei Anschlägen.

Reaktionen

Das Weiße Haus verurteilte die „sinnlose Gewalt“ und versprach Hilfe, um die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen, der Vatikan sprach von „Grausamkeit eines blinden und absurden Hasses“, Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle von „feiger Gewalt“, EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich „zutiefst schockiert“. UN-Generalsekretär Ban ki-moon forderte das Ende der religiös motivierten Gewalt.

Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, es zählt 150 Millionen Einwohner. Rund 40 Prozent davon sind Christen, sie leben mehrheitlich im Süden. In den vergangenen Tagen kam es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Regierungstruppen und der Boko-Haram-Sekte. Seit Donnerstag starben dabei mindestens 100 Menschen, zur Hälfte Sektenmitglieder. Tausende Bewohner sind auf der Flucht.

Boko Haram: Islamistische Sekte

Gottesstaat Die radikalislamische Gruppierung Boko Haram kämpft seit einigen Jahren für einen islamischen Gottesstaat im Norden von Nigeria. Der Norden des Landes wird mehrheitlich von Muslimen bewohnt (Grafik) .

„Nigerianische Taliban Eine Vorgänger-Gruppe von Boko Haram, die 2004 von Universitätsabsolventen gegründet wurde, nannte sich die „Nigerianischen Taliban“. Die Boko-Haram-Sekte besteht heute aus mehreren Splittergruppen, ihr Name bedeutet „Westliche Bildung ist eine Sünde“. Als Anführer gilt Abubakar Shekau.

Feindbilder Zunächst wurden vor allem Anschläge gegen Polizisten verübt, später gerieten Soldaten und Christen ins Visier.

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