Moschee baba: "Verhetzung nicht erreicht"

Moschee baba: "Verhetzung nicht erreicht"
Im Prozess um das Anti-Islam-Spiel spricht ein Grazer Richter den steirischen FPÖ-Chef Gerhard Kurzmann frei. Nicht rechtskräftig.

Man muss sie streng bestrafen", fordert Staatsanwalt Johannes Winklhofer bestimmt. "Denn es ist hochgefährlich, was sie gemacht haben." Sie, das sind der steirische FPÖ-Landesobmann Gerhard Kurzmann und Alexander Segert, ein Schweizer Werbeprofi. Für den Landtagswahlkampf 2010 engagierte die FPÖ Segert und ließ ihn ein Online-Spiel adaptieren: "Moschee baba", in der Schweiz vor dem Volksbegehren für ein Moscheeverbot als "Minarett Attack" gelaufen. Vor dem stilisierten Graz tauchten Minarette und Muezzins auf, die der Spieler anvisieren und wegklicken sollte. Am Ende kamen Fragen, etwa ob Burka und Minarette verboten werden sollten.

"Das ist ein Schießspiel. Ein getroffener Muezzin wird ausgelöscht, das Minarett versinkt im Boden", beurteilt jedoch der Staatsanwalt und klagt Kurzmann, mittlerweile Landesrat, und Segert wegen des Verdachts der Verhetzung an. "Es war die gezielte Begehung einer strafbaren Handlung. Weil die Medien darüber berichten, weil es ein Skandal ist."

So habe sich die FPÖ medialen Werbewert für ihren laut Strafantrag "farblosen" Spitzenkandidaten billig erkauft, jedoch "reine Verhetzung" in Preis genommen, sagt Winklhofer. "Der Plan des Spiels war, zu Hass und Verachtung aufzurufen."

Parallelen

Moschee baba: "Verhetzung nicht erreicht"

Der Ankläger zeigt Parallelen auf: Im Grazer Gemeinderatswahlkampf 2008 fiel FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter erst durch abfällige Bemerkungen über den Islam auf. "Das ist jetzt zum zweiten Mal passiert", betont Winklhofer. "Unmittelbar vor der Wahl wird ein Delikt begangen, mit dem man eine Bevölkerungsgruppe als Gefahr darstellt." Winter wurde mittlerweile rechtskräftig wegen Verhetzung zu drei Monaten bedingter Haft und 24.000 Euro Geldstrafe verurteilt.

Der FPÖ-Landeschef betrachtet indes "Moschee baba" bloß als Möglichkeit, Jugendliche anzusprechen. "Auf die Idee, dass da jemand erschossen werden soll, wär' ich gar nie gekommen." Ein Interview Anas Schakfehs, damals Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft, sei Grund gewesen, das Spiel zu adaptieren: Er habe ein Minarett in jeder Landeshauptstadt gefordert.

Wie ein Comic

Er selbst habe das Spiel nie ausprobiert, nur Ausdrucke gesehen, sagt Kurzmann. "Auf mich hat das wie ein Comic gewirkt." Richter Lichtenberg folgt aber der Linie der Verteidiger, nicht des Anklägers: Freisprüche für Kurzmann und Segert.

Lichtenberg entscheidet "im Zweifel" für die Angeklagten. "Das ist ein Spiel. Da ist es schwer zu beurteilen, wie versteht es der Adressat." Es gäbe zwei Deutungen: "Ich flacke auf Muezzins oder man diskutiert das Thema Minarette. Das passiert in ganz Europa." Die Kriterien eines Schießspiels seien nicht erfüllt. "Ich habe nicht über Niveau und Klasse des Spiels zu entscheiden. Aber das ist gerade noch eine legitime Darstellung. Die Intensität der Verhetzung ist gerade nicht erreicht." Vor zwei Jahren war es übrigens Lichtenberg, der Susanne Winter verurteilte. Die Freisprüche sind nicht rechtskräftig, der Staatsanwalt meldet Nichtigkeit und Berufung an.

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