Mohammed-Film: Hisbollah feuert Proteste an

Mohammed-Film: Hisbollah feuert Proteste an
Die Demonstrationen nehmen kein Ende, die Hisbollah fordert sogar eine "Woche des Protests". Der türkische Premier Erdogan will den Film bei der UNO zum Thema machen.

Die Auswirkungen jenes Internet-Films, der den Islam  verunglimpft und zu blutigen Protesten in der arabischen Welt geführt hat, sind nicht abgeebbt. Auch politisch ist der Film weiterhin umkämpft: Der  türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan etwa will eine weltweite Ächtung der Islamophobie erreichen. Er werde das Thema bei der bevorstehenden UNO-Vollversammlung in New York zur Sprache bringen, sagte Erdogan nach Presseberichten vom Montag. Er verwies darauf, dass die muslimische Türkei den Antisemitismus als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gebrandmarkt habe. Dagegen habe der Westen die Islamophobie nicht geächtet, sondern sogar noch dazu ermuntert.

Die Türkei will nach Erdogans Worten auch ihre eigenen Gesetze nachbessern. Es gehe um eine Grenzziehung zwischen der Meinungsfreiheit und der Religionsfreiheit, sagte der Ministerpräsident während der Rückkehr von einem Besuch in Bosnien vor mitreisenden Journalisten. Die Türkei werde bei diesem Thema weltweit führend sein.

Erdogan hatte in den vergangenen Tagen den US-Film als beleidigend kritisiert, zugleich aber vor gewaltsamen Reaktionen gewarnt; den tödlichen Angriff auf den US-Botschafter in Libyen bezeichnete er ausdrücklich als "Terror". Anders als in anderen muslimischen Ländern gab es in der Türkei bisher keine gewaltsamen Proteste. Erdogan schrieb dies der Politik seiner Regierung zu, die unter anderem durch Reformen wie die Aufhebung des Kopftuchverbots an den Universitäten den radikalen Kräften das Wasser abgegraben habe. Seine Regierung habe in dieser Hinsicht "wie ein Blitzableiter" fungiert.

Hisbollah-Aufruf

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Der Chef der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon, Hassan Nasrallah, rief zu einer Woche des Protests gegen den Film auf. "Die ganze Welt muss die Wut in euren Gesichtern, euren Fäusten und euren Schreien sehen", sagte er am Sonntagabend in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Die ganze Welt müsse begreifen, dass Mohammed Anhänger habe, die zu dem Film nicht schweigen würden – er sieht in dem Film einen, einen Versuch, Unfrieden zwischen Christen und Muslimen in der Nahostregion zu stiften.

Den Film, der in zahlreichen muslimischen Ländern in den vergangenen Tagen zu gewalttätigen Protesten geführt hatte, bezeichnete Nasrallah als "den schlimmsten jemals gestarteten Angriff auf den Islam". Der Film sei noch verheerender als die Verbrennung des Koran in Afghanistan und die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Europa.

"Schuld liegt bei Youtube"

Der Informationsminister von Malaysia hat wegen des umstrittenen Schmähfilms indirekt Aktionen gegen den Videokanal Youtube und dessen Besitzer Google gutgeheißen. "Der Besitzer von Youtube verdient es nicht, vor dem Zorn der Muslime oder dem langen Arm des Gesetzes bewahrt zu werden", sagte Rais Yatim. Gut 60 Prozent der Einwohner Malaysias sind Muslime.

Yatim warf Youtube mangelnde Sensibilität vor, weil es die Verbreitung des Films, in dem der Prophet Mohammed als Gewalttäter, Frauenhelden und Kinderschänder verunglimpft wird, nicht stoppt. "Youtube nimmt den Tumult, den es ausgelöst hat, gar nicht wahr", schimpfte der Minister. Google hatte den Zugang zu dem Video in Malaysia nach Beschwerden der dortigen Medienkommission am Sonntag blockiert. Der Film hat in der muslimischen Welt eine antiwestliche Protestwelle ausgelöst.

Deutschland diskutiert Aufführungs-Verbot

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In Deutschland wird währenddessen um ein mögliches Ausstrahlungsverbot des Filmes debattiert, da  die rechtspopulistische Gruppierung Pro Deutschland den Film in Berlin im Namen der "Kunst- und Meinungsfreiheit" in voller Länge zeigen will. Die Oppositionsparteien SPD und Grüne wenden sich gegen ein solches Verbot, SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte der taz, Verbote könnten nur das letzte Mittel sein. "Eine bloße außenpolitische Rücksichtnahme reicht nicht aus, die Grundrechte zu beeinträchtigen."

Der Grüne Rechtspolitiker Jerzy Montag forderte Pro Deutschland auf, die Filmvorführung abzusagen. "Das ist keine Kunst, keine Meinung, das ist nur Verunglimpfung." Für ein Verbot sieht Grünen-Geschäftsführer Volker Beck indes keine Grundlage. "Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Film eine geschmacklose Dämlichkeit, aber ohne strafbaren Inhalt."  Neben Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) "rechtsstaatliche Härte" gegen die Verbreitung des Videos gefordert. Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz regte an zu prüfen, ob der Straftatbestand der Beleidigung religiöser Bekenntnisse erfüllt werde.

Proteste gehen weiter

Mehr als tausend Menschen haben am Montag indessen in Kabul gegen den in den USA produzierten islamfeindlichen Film "Die Unschuld der Muslime"  protestiert. Einige Demonstranten zündeten Autos an und riefen "Tod für Amerika", wie der Polizeichef der afghanischen Hauptstadt, Mohammad Ayoub Salangi, sagte. Zudem eröffneten demnach aus der Menge heraus einige Menschen das Feuer auf Polizisten, diese schossen aber nicht zurück. "Und das werden wir auch nicht", sagte Salangi.

Auch in Pakistan hat es bei landesweiten Protesten gegen den islamfeindlichen Film aus den USA Verletzte gegeben. In der Hafenstadt Karachi schoss die Polizei am Sonntag vor dem US-Konsulat in die Luft und ging mit Tränengas und Wasserwerfern gegen etwa tausend Demonstranten vor. Nach amtlichen Angaben wurden mindestens acht Menschen verletzt, außerdem gab es 20 Festnahmen.

Auch in Saudi-Arabien hat es trotz eines offiziellen Demonstrationsverbots kleinere Aktionen gegen das Mohammed-Schmähvideo gegeben. Demonstranten in der Stadt Buraida veröffentlichten am Montag Videoaufnahmen von Kundgebungen, die am vergangenen Wochenende stattgefunden haben sollen.

Tausende Demonstranten hatten am Freitag die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum in Brand gesteckt. Die Proteste begannen am vergangenen Dienstag in Kairo, wo Islamisten die US-Botschaft stürmten. Bei einem Angriff auf das US-Konsulat im libyschen wurden der US-Botschafter, drei weitere Diplomaten sowie libysche Sicherheitskräfte getötet. Der Film "Unschuld der Muslime", in dem der Prophet Mohammed geschmäht wird, wurde von koptischen und evangelikalen Christen in den USA produziert.

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