Missbrauchsvorwürfe: Tirol schließt Heim

Wegen Kontakten zum Ex-Heimleiter, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden, gibt es jetzt erste Konsequenzen.

Zu groß wurde der Druck auf ein privates Innsbrucker Kinderheim, nachdem ehemalige Zöglinge Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Leiter erhoben hatten. Heimleiterin Johanna H. zog am Montag die Konsequenzen und sperrte das "Pflegenest" im Stadtteil Kranebitten zu: "Der Medienrummel und die Hexenjagd auf meine Person haben die sieben Kinder beunruhigt. Sie sehen das Pflegenest als ihr Zuhause, und ich will nicht, dass die momentane Mehrbelastung ein traumatisches Erlebnis für sie wird."

Wie berichtet, hatte ein damals 19-jähriger Bewohner des "Pflegenests" 1996 sexuelle Übergriffe durch den damaligen Heimleiter Eugen Peter L. geschildert. Das Land Tirol hatte daraufhin Anzeige erstattet. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt. Offenbar soll zwischen L. und dem jungem Mann eine Beziehung bestanden haben - auch, als der Heimleiter aus dem "Pflegenest" ausschied.

"Gefügig"

Jetzt, 15 Jahre später, ermittelt die Staatsanwaltschaft wieder gegen den Ex-Heimleiter. Zwei weitere Männer behaupten, dass er sie mit Alkohol und Geschenken gefügig machen wollte. Zudem versicherte das mutmaßliche erste Opfer, L. habe mit Selbstmord gedroht.

"Die Arbeit, die Johanna H. im Pflegenest geleistet hat, ist ausgezeichnet", lobt Silvia Rass-Schell, die Leiterin der Tiroler Jugendwohlfahrt. Ihr war zwar bekannt, dass
H. weiter mit Eugen Peter L. in Kontakt stand, der in Ungarn lebt. Probleme darin sah sie jedoch erst aufgrund der jüngsten Vorwürfe - und erließ ein Kontaktverbot.

Umso größer war der mediale Aufschrei, als dann ans Licht kam, dass H. mit Kindern und Betreuern Urlaub in dessen Haus in Ungarn machte. "Er hat in dieser Zeit nie dort übernachtet und stand nie mit den Kindern in Kontakt", versichert H. Sie kritisiert, dass es den drei mutmaßlichen Opfern "nie um Gespräche, sondern ausschließlich um Geldforderungen ging". Das "Pflegenest" bleibt so lange geöffnet, bis für alle Schützlinge "liebevolle Ersatzunterbringungen gefunden sind".

Kommentare