Milde Strafen für kriminelle Beamte

Milde Strafen für kriminelle Beamte
Kinderpornos am Dienstcomputer, Folter für einen Schubhäftling, Prügel für die Ehefrau: Für eine Entlassung aus dem Staatsdienst reichte das alles nicht aus.

Ein Zollfahnder lädt auf dem Computer in seiner Dienststelle haufenweise kinderpornografisches Material herunter und gibt es an andere weiter. Der medizinische Sachverständige stuft den Mann wegen seiner pädophilen Neigung für nicht ungefährlich ein.

Ist dieser Beamte für den Staatsdienst noch tragbar?

Die Disziplinaroberkommission erachtet seine Entlassung für nicht erforderlich und findet mit einer Geldstrafe im Ausmaß von drei Monatsbezügen das Auslangen.

Dieselbe Sanktion wurde über einen Polizisten verhängt, der seine Ehefrau attackiert und dabei verletzt hat; sowie über einen anderen Exekutivbeamten, der während der Dienstzeit seinen Nebenjob in einem Detektivbüro ausgeübt und dabei eine Person gefesselt hat.

Seit der Falter vergangene Woche die milde Behandlung jener Fremdenpolizisten aufdeckte, die im August 2006 den Schubhäftling Bakary J. in einer Lagerhalle gefoltert haben, stehen die Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte unter Beschuss. Zwei der insgesamt vier strafrechtlich (zu bedingten Haftstrafen) verurteilten Beamten wurden in Frühpension geschickt, die zwei anderen bloß versetzt. Der eine habe nur die Lagerhalle aufgesperrt, in der Bakary J. im Zuge einer Scheinhinrichtung die Schädelknochen gebrochen wurden. Der andere sei nur Chauffeur gewesen und habe bei der Folter nur zugeschaut, so wird die sanfte Beurteilung begründet.

Amtsverlust

Milde Strafen für kriminelle Beamte
G. Heinisch-Hosek (SP), 4 von 5 Die Frauenministerin kämpft unter dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ für mehr Lohn-Gerechtigkeit: Sie initiierte den Online-Gehaltsrechner, setzte Gehaltsangaben in Stelleninseraten und Einkommensberichte in großen Unternehmen durch. Eine Kraftprobe waren für Heinisch-Hosek, die auch für den öffentlichen Dienst zuständig ist, die Beamtengehaltsverhandlungen. Da blieb sie (relativ) hart.

Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek will die Disziplinarkommissionen bis 2014 auflösen und deren Aufgabe professionellen Richtern übergeben. Davor soll ein Katalog von Strafdelikten definiert werden, die automatisch zum Amtsverlust führen.

Häufig fällt das Urteil der im jeweiligen Ressort angesiedelten Disziplinarkommission strenger aus, wird in der Berufung dann aber abgeschwächt. Wie beim Zollfahnder, der Kinderpornos sammelt, und bei den folternden Fremdenpolizisten. Oder bei einem Postler, der einer 90-jährigen Kundin ihr Sparguthaben (10.000 Euro) gestohlen hat. Die Ent­lassung wurde durch eine Geldstrafe von 12.900 Euro ersetzt. Der Berufungssenat hob zugleich die Kürzung der Bezüge während der Suspendierung auf, was dem Postler eine Nachzahlung von 12.000 Euro bescherte.

Ein schmuggelnder Finanzbeamter kam mit 10.000 Euro Strafe davon. Ein Ausbildner bei der Exekutive, der einer Lehrgangsteilnehmerin bei einer Feier aufs Gesäß gegriffen und vulgäre Äußerungen getätigt hatte, wurde ebenso freigesprochen wie ein Kriminalbeamter, der betrunken einen Unfall verursacht und dann den Alkotest verweigert hatte. Der Ausrutscher war nicht anstößig genug und dem Kripobeamten hielt man zugute, dass er als Brandermittler ja nicht mit dem Vollzug der Straßenverkehrsordnung betraut sei.

Es lassen sich stets mildernde Umstände finden. Zum Beispiel, dass der vom Weg abgekommene Beamte vorher belobigt worden war.

Flucht

Die Disziplinarsenate, die über Justizbedienstete oder Lehrer zu urteilen haben, drücken weniger gern ein Auge zu. Ein Justizwachebeamter, der auf einen wegen Mordes verurteilten Häftling nicht aufgepasst hatte, so dass diesem die Flucht gelungen war, wurde entlassen.

Bei einem Lehrer, den man in der Schule beim Rauchen erwischt hatte, blieb es noch beim Verweis. Über die Entlassung eines Kollegen, der mit einer Schülerin intim geworden war, gab es jedoch keine Debatte.

Ab sechs Monaten Haft ist Entlassung zwingend

Zuerst wird das Strafverfahren abgewartet, dann entscheidet die dreiköpfige Disziplinarkommission, ob noch zusätzliche dienstrechtliche Sanktionen angemessen sind. Den Vorsitz führt ein Vertreter der Dienstgeberseite, im Justizressort etwa ein Senatspräsident, im Innenressort ein Sicherheitsdirektor, sonst ein Ministerialrat. Die beiden anderen Mitglieder sind je ein Vertreter der Dienststellenleitung und der Personalvertretung. Bei Entlassung ist die einstimmige Beschlussfassung erforderlich.
Erheben der Beschuldigte oder der Disziplinaranwalt (= Ankläger) Berufung, entscheidet die im Bundeskanzleramt angesiedelte Disziplinaroberkommission.
Bis zur Beendigung des Verfahrens kann der Beschuldigte suspendiert werden, die Bezüge werden dann um ein Drittel gekürzt.
Ab einer im Strafprozess ausgesprochenen unbedingten Haftstrafe von sechs Monaten oder einer bedingten von einem Jahr tritt automatisch der Amtsverlust ein.
Für Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sind die Kommissionen ein Auslaufmodell. Bis zur Auflösung 2014 will sie deren Spielraum einengen, indem bestimmte Strafdelikte automatisch zur Entlassung führen.

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