Merkel lüftet den Schleier

Die deutsche Kanzlerin trug bei ihrem Staatsbesuch in Saudi-Arabien entgegen den Vorschriften und Gebräuchen kein Kopftuch. Das könnte Schule machen, auch in Europa.

Wer als Frau in den Iran oder nach Saudi-Arabien reist, muss sich ein Kopftuch aufsetzen. So verlangen es die Sitten und Gebräuche, ließe sich freundlicherweise sagen, in Wahrheit sieht es das islamische Diktat in diesen Ländern zwingend vor. Wer zum Beispiel mit der iranischen Fluglinie nach Teheran reist, muss schon beim Betreten des Flugzeugs sein Haupt bedecken, schließlich handelt es sich bereits um iranisches Staatsgebiet.

Westliche Frauen halten sich in der Regel an diese Zwangsmaßnahmen, da es bei Verstößen zu Problemen und Strafen kommen kann. Mitte Februar wurde eine Reihe von schwedischen Ministerinnen dafür harsch kritisiert, da sie bei einem Besuch im Iran wie selbstverständlich das Kopftuch trugen. Die Menschenrechtsorganisation UN Watch erklärte, die schwedische Regierung würde ihre Prinzipien opfern, indem sie sich dem Kopftuchzwang beuge. Außerdem würden die Frauen im Iran verraten werden, kritisierte UN Watch. Der Direktor der NGO veröffentlichte Fotos von dem Besuch und sprach von einem "Walk of Shame".

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel verzichtete hingegen bei ihrem gestrigen Staatsbesuch in Saudi-Arabien auf ein Kopftuch, das haben vor ihr auch schon Michelle Obama und Hillary Clinton getan. Für westliche Politikerinnen scheint das kein großes Malheur zu sein. Das Risiko von öffentlichen Stockhieben, wie sonst bei einer Verletzung der Kleidervorschriften vorgesehen, lag eher bei Null, sind doch auch für die wahabitischen Hüter des Islams die wirtschaftlichen Interessen wichtiger als die religiösen. Auch wenn sie die Signalwirkung auf Frauen, die in ihrem Land zur Verschleierung gezwungen werden, zähneknirschend zur Kenntnis nehmen mussten.

Die Bilder des Staatsbesuchs laufen natürlich auf allen TV-Kanälen in der gesamten islamischen Welt und signalisieren: Schau, eine Frau, wenn auch eine westliche Politikerin, kann dem Verschleierungs-Diktat durchaus trotzen.

Aber auch für muslimische Frauen im Westen, die hier von ihren Familien angehalten werden ein Kopftuch zu tragen, könnte Merkels Weigerung Vorbild sein. Denn wenn schon eine Frau im strengsten islamischen Land der Welt mit offenem Haar freundlich begrüßt wird, dann geht das in Wien, Linz, Salzburg, München, Berlin oder Hamburg schon allemal.

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