Medien und Politik brauchen Distanz

Schule: Die Zeit drängt
Anderswo hat die Presse um ihre Freiheit gekämpft. Bei uns regiert das Geld.

Groß sind die Wehklagen der Journalisten über unser politisches System. Die Regierung streitet, die Abgeordneten fürchten sich, die Verwaltung ist nicht effizient. Das mag ja alles stimmen, aber dürfen sich ausgerechnet die Medien als Kritiker aufspielen?

Der legendäre Publizist Karl Kraus lästerte schon vor rund hundert Jahren: "Am Anfang war die Presse – und dann erschien die Welt." Mit diesem Selbstverständnis werden noch heute fette Schlagzeilen produziert. Die glauben dann aber eh nur schwache Politiker, die sich von der Früh bis zum Abend vor dem Boulevard fürchten und glauben, sie müssten ihn nur füttern, um zu überleben. Dabei wollen diese Verleger nur viel Steuergeld, um dann die Politiker erst recht vor sich herzutreiben. Ein ewiger Kreislauf, der vor allem den Steuerzahlern, die den Zirkus zahlen, schadet. Leider hat das in Österreich Tradition. Wir hatten schon früher Erpresser in Journalistengestalt. Imre Bekessy war so einer. "Hinaus aus Wien mit dem Schuft", rief Kraus. Er hatte Erfolg.

Negative Fragen Andere Länder – andere Traditionen. Vor 40 Jahren veröffentlichte die New York Times die "Pentagon Papiere". Dadurch wurde der Öffentlichkeit klar, dass die US-Führung den Vietnam-Krieg von langer Hand geplant hatte. Genau das hatten die Politiker dem Volk verschwiegen. Die Regierung versuchte, die Veröffentlichung der Dokumente zu verhindern – und scheiterte. Es hatte nicht nur die Pressefreiheit gesiegt, es war auch klar, dass Macht und Medien nicht auf derselben Seite stehen können.

Oder die SPIEGEL-Affäre. Vor genau 50 Jahren wurden Herausgeber Augstein und andere Redakteure verhaftet, weil sie die Bundeswehr als nur "bedingt einsatzfähig" beschrieben hatten. Die Regierung witterte Landesverrat. Kanzler Adenauer und Verteidigungsminister Strauss steckten hinter den Verhaftungen. Sie wollten ein erfolgreiches Magazin mundtot machen. Strauss musste gehen.

Das sind nur zwei Beispiele dafür, dass die Freiheit der Presse immer gefährdet ist, weil Politiker halt nur ihre schönen Seiten zeigen wollen. Eine kuriose Spielart dieses Denkens liefert Frank Stronach, der keine "negativen Fragen" mag, dafür aber sehr viel Geld an Medien zahlen wird, damit viel Positives über ihn berichtet wird.

Auch in Österreich haben Magazine und Zeitungen Skandale aufgedeckt. Und gerade durch die ausführliche Berichterstattung über die Inseraten-Affäre wurde ein Gesetz geschaffen, das den Missbrauch von Steuergeld zumindest einschränken wird. Aber Mut kann man nicht kaufen.

Die Forderung zur Abschaffung der Wehrpflicht kam von der Krone. Die SPÖ hüpfte auf die Kampagne auf, Darabos machte "kehrt marsch". Aber jetzt, wo es nach einer Mehrheit für die Wehrpflicht aussieht, sucht die Kronenoble Distanz zum Thema und lässt die SPÖ im Regen stehen. "Die Österreicher werden aus Schaden dumm", hat Karl Kraus gesagt. Zum Glück gilt das bei weitem nicht für alle Österreicher.

 

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