Leben zwischen Deutschkurs und Hoffnungen
Siyar Ahmad Nuri hat viel erlebt. Wie Tausende andere Flüchtlinge führten Schlepper auch den 18-jährigen Afghanen über die österreichische Grenze. Nach Tausenden Kilometern der Flucht war er hier endlich in Sicherheit.
Warum er die Flucht ergriff, kann Siyar zehn Monate nach seiner abenteuerlichen Reise bereits in fast perfektem Deutsch selbst erzählen. "Ich bin auf der Todesliste der Taliban gestanden", schildert der sympathische, junge Mann. "Ich habe für die Amerikaner Dolmetsch-Dienste erledigt." Offenbar Grund genug, um für die islamistischen Gotteskrieger Hochverrat begangen zu haben. Die Familie legte viel Geld zusammen, um Siyar in Sicherheit zu bringen. Schlepper brachten ihn schließlich nach Österreich. "Erst im Flüchtlingslager Traiskirchen habe ich überhaupt erfahren, dass ich in Österreich bin", erzählt der 18-Jährige. Er wurde einfach auf der Straße ausgesetzt – ohne Geld, ohne Sprachkenntnisse und ohne Zukunft. Doch Siyar wollte kämpfen – und siegen.
Ziel: UNO-Diplomat
Seine Zukunft hat der Flüchtling bereits fix vor Augen. "Nach dem Hauptschulabschluss will ich unbedingt die Matura machen und dann zur UNO", sagt Siyar nach erfolgreichem Deutschkurs voller Tatendrang. Doch davor warten noch einige Prüfungen auf den Jugendlichen. Nachdem er bereits im Jänner die Kriterien für den Hauptschulabschluss geschafft hat, will er diesen Ende 2012 in der Tasche haben. "Ich möchte hier bleiben und lernen", betont er immer wieder. Seine Zeugnisse sind vielversprechend – die Noten pendeln zwischen Gut und Sehr gut.
Stefan Zimmermann vom Verein "Menschen.Leben" weiß, dass Siyar ein Musterschüler ist. "Seine Zukunft ist aber nicht gewiss", sagt der Flüchtlingsexperte. Wie Tausende andere hat der junge Afghane nur eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung, nach dem Hauptschulzeugnis könnte er wieder in seine unsichere Heimat zurückgeschickt werden.
"Siyar spricht mehrere Sprachen. Neben Englisch und Deutsch auch mehrere indische Dialekte", erklärt Vereinssprecher Jörg Trobolowitsch.
Wie und wann ein Bescheid vorliegen wird, ist heute nach rechtsstaatlichen Kriterien ungewiss. Nur eines ist fix. "Ich bin in Österreich immer herzlich willkommen geheißen worden", sagt Siyar Ahmad Nuri. "Deswegen möchte ich lernen, hierbleiben und etwas davon zurückgeben."
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