Lauschangriff auf hoher See

Lauschangriff auf hoher See
Wissenschaft: Österreichische Forscher haben ein vollautomatisches Roboter-Segelboot entwickelt, das die Meeresbeobachtung revolutionieren könnte.

Als Roland Stelzer vor einigen Jahren die Idee hatte, dem Computer das Segeln beizubringen, schlug ihm eine Welle der Ablehnung entgegen. „Das geht nie, denn dafür braucht man in erster Linie ganz viel Gefühl", und „das braucht kein Mensch" waren nur zwei der Gegenargumente.

Heute hat das vollautomatische Roboat, das das Forscherteam der Österreichischen Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften (INNOC) entwickelt hat, einen erfolgreichen Test-Segel-Törn in der Ostsee hinter sich, und die Anwendungen kommen von selbst: „Überall dort, wo es gilt, im Meer über längere Zeiträume etwas zu messen und zu überwachen, ist das Roboat ideal. Es ist dank Solarzellen energieautark, lautlos, unbemannt und kostengünstig", sagt Stelzer.

Big Brother is watching

Lauschangriff auf hoher See

Das Roboat könnte die Meeresbeobachtung revolutionieren. Stelzer zählt auf: Da wären einmal der verheerende Tsunami in Asien, die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko, Unfälle mit Flüchtlingsbooten vor der Küste von Lampedusa oder Piratenüberfälle im Golf von Aden. Sie alle seien ein Fall für ein voll integriertes maritimes Monitoringsystem. Roboat könne gefahrlos Schlepper- und Schmuggler-Routen überwachen, Fracht -neutral befördern und Wissenschaftlern wichtige Daten liefern, an die sie ansonsten nie herankommen würden.

Das ist auch der Grund, warum Holger Klinck die Entwicklung des Roboat seit Jahren verfolgt. Der Meeresbiologe der Oregon State University will das Segelboot für die Erforschung mariner Säuger einsetzen und kooperiert seit zwei Jahren mit den Wiener Forschern.

Test-Törn

Lauschangriff auf hoher See

Eckernförde an der Ostsee: Sturmböen und hoher Wellengang beuteln das menschenleere Boot, das wie von Zauberhand gelenkt auch mit unvorhergesehenen Situationen zurechtkommen und die komplexen Abläufe des Segelns – von der Routenplanung bis hin zur Manöverdurchführung – meistern muss. „Die halbe Crew des Begleitboots war seekrank", erzählt Stelzer. Doch: „Das Herzstück des Bootes, also die Software, die das Boot steuert, hat den grenzwertigen Bedingungen standgehalten."

Unterdessen machte sich Meeresbiologe Klinck mehr Sorgen um seine Schweinswal-Beobachtung. Die nur etwa eineinhalb Meter großen und 60 Kilo schweren Meeressäuger lassen sich kaum blicken und sind daher ein schwieriges Forschungsobjekt. Bitter, denn sie sind vom Aussterben bedroht: Der Bestand in der Ostsee wird auf mehrere 100 bis wenige 1000 Exemplare geschätzt. Glücklicherweise ist der Schweinswal ein rechtes Plaudertäschchen. „Mittels seiner hochfrequenten Laute spürt er Nahrung auf und navigiert. Menschen können die Ultraschall-Geräusche nicht hören und das Wasser absorbiert sie fast zu Gänze", sagt Klinck. Mithilfe eines am lautlosen Roboat angebrachten Unterwassermikrofons können die Forscher die Gesänge der Meeressäuger aber aufgezeichnet und wertvolle Informationen zum Kommunikationsverhalten der Tiere sammeln.

Schweinswale sind gefährdet, weil sie oft als Beifang in die Netze von Fischern geraten. Auch die Windfarmen machen ihnen zu schaffen", sagt Klinck. „Der Schweinswal wandert durch die Ostsee und man versucht immer noch herauszufinden, wann er sich wo aufhält. Wenn irgendwo eine neue Windfarm gebaut werden soll, ist es gut zu wissen, dass er hier zum Beispiel zwischen Juni und August präsent ist. Dann kann man mit den Bauarbeiten warten, bis der Säuger ohnedies weitergezogen ist." Mithilfe der nun erstellten Aufnahmen hofft Klinck mehr über Anzahl, Paarungsplätze und Wanderbewegungen der Schweinswale in Erfahrung zu bringen, um sie besser schützen zu können. Andere Tiere werden folgen.

Kommentare