Kurz: "Gettoisierung ist völliger Unsinn"

Kurz: "Gettoisierung ist völliger Unsinn"
Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz kündigt an, Österreichs Botschaften im Ausland umbauen zu wollen. KURIER-Lesern stand er am Telefon Rede und Antwort.

Am Ende kam Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) der alten Dame aus Polen doch nicht aus. "Herr Kurz, ich würde Sie gerne persönlich treffen und mit Ihnen reden", sagt die Dame, die bereits länger als 20 Jahre in Wien lebt und die voll des Lobes für Kurz zu sein scheint. "Am besten heute. Es dauert auch nur fünf Minuten." Kurz spricht von wichtigen Terminen in Niederösterreich und davon, die Zeit doch besser jetzt am Telefon zu nützen. Doch die Polin bleibt hart. "Es geht nur persönlich. Ich würd sie gerne sehen." Kurz sieht nur einen Ausweg: "Ich bin noch 40 Minuten in der KURIER-Redaktion. Kommen Sie her! Das ist die einzige Möglichkeit."

Die Polin ist eine von mehreren Anrufern, die gestern mit dem Staatssekretär über das Thema Migration diskutierten. Unternehmer aus Niederösterreich riefen ebenso an wie Pensionisten aus Tirol. Viele von ihnen beschäftigte die Frage: Sollen Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen vorübergehend in eigenen Klassen unterrichtet werden? Kurz steht weiter zu seinem Vorschlag. "Nun sollen die Beamten darüber verhandeln." Anders als der Regierungspartner SPÖ sind viele Anrufer auf Kurz’ Seite. Eine Volksschuldirektorin aus St. Pölten sagt: "Der Vorwurf der Gettoisierung ist völliger Unsinn. Es wäre ein richtiger Schritt." Ein Lehrer aus dem Burgenland meint: "Ich halte das für sinnvoll." Die meisten Anrufer schienen von der Arbeit des Staatssekretärs angetan – ganz so, als wären sie froh, dass jemand das Thema Integration sachlich und abseits von Parolen wie "Zuwanderungstsunami" und Co. behandelt. "Es geht ja darum, auf Rechte und auf Pflichten hinzuweisen", sagt auch ein junger Anrufer.

Blick nach Kanada

Abseits der Telefonate ging Kurz auf den Vorstoß von Parteichef Michael Spindelegger ein, die Betreuung neuer Zuwanderer im nächsten Jahr nach kanadischem Vorbild neu organisieren zu wollen. In Kanada werden Zuwanderer in "Welcome-Centern" mit Infos und kulturellen Gepflogenheiten vertraut gemacht. Kurz: "Wir überlegen, österreichische Botschaften im Ausland umzubauen, Seminare anzubieten und die Zuwanderer in spe mit der Rot-Weiß-Rot-Fibel vertraut zu machen." Die Fibel werde bis Jahresende ausgearbeitet. "Damit die Menschen wissen, was sie in Österreich erwartet, und damit sie auch eine Vorstellung davon haben, was wir von ihnen erwarten." Am Ende der Sprechstunde hat Kurz mit zig Menschen aus ganz Österreich gesprochen. Einem Tiroler, der sich über "zu viele Illegale" ärgerte, konterte er mit Zahlen. Einer Frau, die um ein Bleiberecht für ihren Mann kämpft, bot er an, dessen Akt zu prüfen. Nur von der Polin wurde Kurz sitzengelassen. Sie tauchte in der Redaktion bisher nicht auf.

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