Korruption: Schutz für Hinweisgeber

Beatrix Karl (VP), 2,5 von 5 Nach dem Pröll-Abgang löste Karl die erfolglose Claudia Bandion-Ortner als Justizministerin ab. Im Gegensatz zur Vorgängerin zieht es Karl vor, im Hintergrund zu arbeiten. Das dürfte nicht nur Taktik, sondern auch ein Zeichen von Unsicherheit sein. Denn bei öffentlichen Auftritten wirkt die Juristin etwas steif. Pluspunkte: Mehr Personal für die Korruptionsstaatsanwaltschaft, höhere Straftaten für Gewalttaten an Kindern.
Justizministerin Beatrix Karl möchte 2012 ein „Whistleblower“-Modell testen: Insider sollen anonym auspacken können.

Insider, die Korruption aufdecken wollen, selbst aber lieber im Hintergrund bleiben, haben derzeit nur eine Möglichkeit, der Justiz zu helfen: Sie schicken eine anonyme Anzeige.
Das Problem dabei: Die Staatsanwälte können nicht nachfragen – und so die Plausibilität der Behauptungen prüfen.
Justizministerin Beatrix Karl will das ändern. „Ich möchte, angelehnt an das niedersächsische Modell, eine ,Whistleblower‘-Regelung erproben. 2012 soll es den ersten Pilotversuch geben“, sagt Karl zum KURIER.
Wie funktioniert das System? „Hinweisgeber informieren die Justiz auf einer speziellen Homepage über Missstände.“ Unter dem Schutz der Anonymität können „Whistleblower“ mit der Justiz via eMail in Kontakt bleiben.

Kronzeugen

Den Vorwurf, das würde dem Denunziantentum Vorschub leisten, weist Karl zurück: „Dieses Modell bewirkt das Gegenteil: Der klassische Querulant schickt der Staatsanwaltschaft ja weiter anonyme Anzeigen, er will mit der Justiz nicht wirklich zusammenarbeiten.“ Echte Hinweisgeber könnten mit dem neuen Schutz aber Vertrauen aufbauen – „und allenfalls sogar als Kronzeugen gewonnen werden“.

Apropos Vertrauen: Die stockenden BUWOG-Ermittlungen (das Oberlandesgericht Liechtenstein hält Hausdurchsuchungen beim Steuerberater von Ex-Minister Grasser für rechtswidrig und will beschlagnahmtes Material nicht freigeben) verwundern Karl nicht: „Hier zeigt sich, wie schwierig Ermittlungen in international komplexen Causen sind. Die Staatsanwaltschaft ist aber zuversichtlich, die Unterlagen doch noch nach Wien zu bekommen.“

Kein Druck

Karl schließt aus, Druck auszuüben: „Ich werde Gerichten im Ausland nichts empfehlen, geschweige denn intervenieren. Die Wichtigkeit der Causa ist ohnehin bekannt.“ Generell kann sie sich aber vorstellen, mit den Behörden in Vaduz über eine Beschleunigung bei Amtshilfeverfahren zu verhandeln.
In der Causa Kampusch hält die Ministerin die Einstellung des Verfahrens gegen die ermittelnden Staatsanwälte für nachvollziehbar: „Sowohl in Innsbruck als auch im Ministerium wurde der Fall geprüft. Wenn aber immer noch offene Fragen bestehen, werden wir diese beantworten. Es wird nichts vertuscht oder verheimlicht.“
Aus diesem Grund seien die Kampusch-Akten nunmehr auch dem geheimen Stapo-Ausschuss im Parlament überlassen worden.
Um das Vertrauen in die Justiz weiter zu stärken, will Karl im Jänner eine „Vertrauensoffensive“ starten. Welche Maßnahmen dazu gehören, das möchte sie noch nicht verraten.

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