Kopfschuss vor polnischen Journalisten

Kopfschuss vor polnischen Journalisten
Während einer Pressekonferenz zum ungeklärten Flugzeugunglück von Smolensk erbat sich Staatsanwalt Przybyl eine Pause. Dann drückte er ab.

Unmittelbar nachdem er eine Pressekonferenz vorzeitig beendet hatte, hat ein Militärstaatsanwalt im westpolnischen Posen versucht, sich mit einem Kopfschuss zu töten.
Bei der Pressekonferenz ging es um die Ermittlungen zum Flugzeugunglück von Smolensk. Staatsanwalt Mikolaj Przybyl bat die anwesenden Journalisten, den Raum zu verlassen. Nur Sekunden später hörten die Journalisten einen Schuss aus dem Büro. Die Reporter fanden Przybyl in einer Blutlache hinter seinem Schreibtisch. Nach Angaben eines Kliniksprechers befand er sich Montagmittag außer Lebensgefahr.

Die Pressekonferenz betraf Vorwürfe gegen die Militär-Staatsanwaltschaft. Die Zeitung Rzeczpospolita hatte einen Bericht veröffentlicht, wonach sich die Behörde unerlaubt Handy-Daten und SMS-Mitteilungen von Journalisten sowie Ermittlern des Flugzeugunglücks beschafft habe, um diese zu bespitzeln. Dabei wollte sie aufspüren, wie Informationen aus der Ermittlergruppe an die Presse gelangt waren.

Auffallend nervös

Przybyl sei während des Pressetermins auffallend nervös gewesen, berichten Journalisten. Er wies die Vorwürfe gegen seine Behörde zurück und erklärte, die Militär-Staatsanwaltschaft habe im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gehandelt. Ihre Nachforschungen seien notwendig gewesen, weil die durchgesickerten Informationen aus der Smolensk-Ermittlergruppe die Zusammenarbeit zwischen Polen und Russland in der Sache stark behindert hätten. "Ich verteidige heute die Ehre der Militär-Staatsanwälte und der Richter, die als unfähig und anachronistisch beschrieben wurden", erklärte er. Przybyl deutete an, die Kritik an seiner Behörde solle diese unter Druck setzen, um Ermittlungen in einer ganz anderen Sache zu behindern, bei der es um Korruption gehe.

Nationale Tragödie

Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski zeigte sich bestürzt über den Selbstmordversuch. Er habe den Inlandsgeheimdienst BBN beauftragt, sich mit dem Fall zu beschäftigen. Innenminister Jacek Cichocki sagte eine "schnelle und sehr gründliche" Aufklärung des Vorfalls zu.

Beim Absturz eines polnischen Regierungsflugzeuges in der Nähe der russischen Stadt Smolensk starben im April 2010 alle 97 Passagiere, darunter der damalige Staatspräsident Lech Kaczynski. Bis heute sind sich Polen und Russland nicht einig über die Ursachen des Unglücks. Während Moskau die Schuld alleine bei den polnischen Piloten sieht, machen polnische Ermittler die Fluglotsen am Smolensker Flughafen mitverantwortlich.

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