Kirche: Missionieren statt reformieren

Kirche: Missionieren statt reformieren
Kardinal Schönborn beschwört den radikalen Aufbruch in der Kirche, erteilt den Reformen aber eine klare Absage.

Kardinal Christoph Schönborn geht in der kirchlichen Reform-Diskussion erstmals in die Offensive. Und zwar mit einem mehrseitigen Brief an die Mitarbeiter der Erzdiözese Wien.
Darin beschwört der Kirchen-Manager einen notwendigen radikalen Aufbruch , erteilt aber den konkreten Reform-Forderungen der Priester-Initiative um Kirchenrebellen Helmut Schüller eine klare Absage.

Wie berichtet, fordert der Probstdorfer Pfarrer Schüller und mehr als 300 heimische Pfarrer einen "Schritt in die Moderne". Darunter versteht die Pfarrer-Initiative ein Ende des Zölibats, Priesterweihe für Frauen, Wiederverheiratung von Geschiedenen und Laienprediger. Schönborn in seinem Brief: "Wir sollten uns daher eine Lösung unserer Probleme nicht durch Regeländerungen erhoffen, die, wenn überhaupt, nur von der Weltkirche vorgenommen werden können."

Keine Kirchenspalter

Für Monsignore Schüller, er rief bereits im Juni "zum Ungehorsam" auf, geht dieser Aufruf Schönborns ins Leere: "Es zeigt sich, dass wir weitermachen müssen." Nachsatz: "Immerhin werden wir nicht mehr als Kirchenspalter bezeichnet." Hans-Peter Hurka, Initiator der kritischen Plattform "Wir sind Kirche", spricht von Führungsschwäche des Kardinals: "Dieser Aufruf ist alles andere als ein Schritt in die Zukunft." Doch Schönborn führt einen Zwei-Fronten-Disput. Denn die Reformer unter den zehn Kirchenfürsten der Bischofskonferez (höchstes österreichisches Kirchengremium) sind in der Minderheit. In einem NÖN -Interview gab St. Pöltens Diözesanbischof Klaus Küng die Marschrichtung der Konservativen vor: "Ich glaube weiterhin nicht, dass die Zukunft der katholischen Kirche bei verheirateten Priestern liegt." Auch der Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete sowie Laienpredigern bei der Eucharistie gab Küng keine Zukunftsperspektive. Anders der liberal eingestellte Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer. Er sprach sich dafür aus, Wiederverheiratete unter bestimmten Kriterien zur Kommunion zuzulassen und auch Laienrednern die Predigt zu ermöglichen. In der ab 7. November angesetzten Bischofskonferenz in Salzburg dürften die konservativen Kreise den Ton angeben.

Kirchliche Zentren

Diplomatisch versucht Schönborn trotzdem neue Strategien zu präsentieren. So kündigt er an, kleine kirchliche Zentren zu schaffen. Und zwar dort, wo das Christentum engagiert praktiziert wird: "Das können Pfarren, Klöster, christliche Schulen, Krankenhäuser oder Caritasstellen sein." Von dort aus soll der christliche Gedanke missionarisch ins Land getragen werden. Ab Oktober, so Schönborn weiter, wird es "Arbeitsgruppen, Workshops und Konsultationen dazu geben. Ab Ostern 2012 stehen dann die konkreten Vorgaben." Für Schüller der falsche Zugang: "Das sind Missionsstationen. Man zieht sich quasi zurück, anstatt näher zu den Menschen zu kommen."

Und Plattform-Sprecher Hurka kritisiert die Bischöfe: "Die zentrale Aufgabe dieser Herren ist es, einen Dialogprozess zuzulassen. Wird der verweigert, aus welchen Gründen auch immer, droht eine Spaltung in verschiedene Lager. Diese Politik wäre fahrlässig und von den Bischöfen provoziert." Die Signale vor der Bischofskonferenz stehen also auf Sturm. St. Pöltens Diözesanbischof Küng schloss erst kürzlich "eine Spaltung und einen nachhaltigen Schaden nicht ganz aus". Noch vor diesem klerikalem Showdown ist ein Treffen zwischen Kardinal Schönborn und Reformer Schüller angesetzt. Wiens Dompfarrer zu St. Stephan, Toni Faber, will die Situation nicht dramatisieren: "Ich freue mich auf einen spannenden Prozess."

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