Kein Fix-fertig-Frieden

Kein Fix-fertig-Frieden
Demokratie in Nahost lässt sich weder mit Krieg noch mit Revolution installieren.

Die US-Armee hat kaum die Türe hinter sich zugemacht, schon bricht im Irak das erwartete Chaos aus. In Ägypten und Tunesien müssen die demokratischen Revolutionäre zähneknirschend zusehen, wie Islamisten den Neuanfang, für den sie geblutet haben, an der Wahlurne kapern. Der Aufbruch im Nahen Osten, der die ganze Region zu Beginn des Jahres erfasste, klingt zu dessen Ende in schmerzhafter Ernüchterung aus. Schmerzhaft, weil hier zwei Konzepte zur Neugestaltung dieser Krisenregion, ihr Scheitern erleben. Die Demokratie von der Stange, die die USA per Blitzkrieg und anschließender Besatzung im Irak installieren wollten, ist ganz offensichtlich zu schwach, um auf eigenen Füßen zu stehen. Wie soll sich auch ein einst willkürlich von Kolonialmächten zusammengeschustertes Land, dessen innere Konflikte immer nur mit Gewalt unter der Decke gehalten wurden, in unseren westlichen Vorstellungen von Demokratie zurechtfinden?

Diese westlichen Vorstellungen haben wohl auch die Revolutionäre in Kairo beflügelt, als sie sich der Mubarak-Diktatur entgegenstellten. Was aber soll ein Land, in dem drei Viertel der Menschen in Armut, ein Drittel als Analphabeten leben, mit der Aussicht auf Freiheit anfangen, wenn den meisten schon die Aussicht auf Arbeit, Essen und einen Arzt fehlt? Wenn der Prediger in der Moschee der Einzige ist, an dem man sich in der Not wenden kann, wird man ihm und seinesgleichen auch bei Wahlen das Vertrauen schenken.

Gerade uns Europäern, die wir bis heute trotz Wohlstand an jahrhundertealten Konflikten laborieren, sollte bewusst sein, wie lange tatsächliche Veränderung und Erneuerung von Gesellschaften dauern. Anstatt uns also naiv irgendwelche modernen Demokratien herbeizuwünschen, oder sogar zu glauben, diese herbeibomben zu können, sollten wir einfach Unterstützung anbieten, wenn man sie verlangt und uns ansonsten mit der oft traurigen Realität dieser Gesellschaften abfinden. Schließlich sind wir ja an der nicht ganz unschuldig.

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