Karl-Heinz Grasser klagt die Republik

Karl-Heinz Grasser klagt die Republik
Wegen einer Aussendung der Staatsanwaltschaft Wien zur Hausdurchsuchung klagt der ehemalige Finanzminister Grasser den Staat.

Die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Wien hatte am 26. Mai 2011 eine Aussendung über laufende Hausdurchsuchungen bei Karl-Heinz Grasser veröffentlicht. Jetzt klagt der ehemalige Finanzminister die Republik, weil die Staatsanwaltschaft Journalisten über die bevorstehende Hausdurchsuchung verständigt hatte.

Die Staatsanwaltschaft Wien habe durch ihre Aussendung anlässlich der Hausdurchsuchungen beim Ex-Minister am 26. Mai 2011 Grassers Persönlichkeitsrechte verletzt und insbesondere seinen "wirtschaftlichen Ruf" beschädigt, heißt es in der Klage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen.

Konkret klagt Grassers Anwalt Michael Rami auf Feststellung eines Schadenersatzanspruches im Rahmen der Amtshaftung für die Justizorgane. Die Klage richtet sich gegen den Bund, der durch die Finanzprokuratur vertreten wird.

Gegen Grasser ist im Rahmen der Ermittlungen zum Schmiergeldverdacht bei der Buwog-Privatisierung ein Verfahren anhängig, Grasser weist alle Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Hausdurchsuchungen

Die Hausdurchsuchungen begannen um 9 Uhr, die Staatsanwaltschaft Wien verschickte bald nach Beginn eine Presseaussendung an Journalisten. Zahlreiche Medienvertreter fanden sich daraufhin an Grassers Adressen ein und berichteten über das Geschehen.

Der Schaden, den Grasser durch die Presseaussendung erlitten habe und in Zukunft noch erleiden werde, könne derzeit nicht beziffert werden, erläuterte Grassers Anwalt Rami die Klage. Daher habe der Kläger Anspruch auf die Feststellung, dass der Beklagte - der Bund - verpflichtet sei, jeden Schaden zu ersetzen, der durch die Aussendung der Staatsanwaltschaft Wien entstanden sei oder noch entstehen werde.

Grasser hatte bereits einen strafrechtlichen Anlauf gegen die Hausdurchsuchung und Aussendung unternommen, war jedoch mit seinem Begehren abgeblitzt. Das von Grasser gegen die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Wien angestrengte Verfahren ist eingestellt worden.

Das "Informationsinteresse der Öffentlichkeit"

Im Vorfeld der Klage hatte Grasser bereits versucht, sein Begehren gegenüber der Finanzprokuratur ohne Klage durchzusetzen. Die Vertretung des Bundes hatte jedoch abgelehnt. Nun beschreitet der Ex-Minister den Zivilrechtsweg.

In der Causa geht es um die Medienarbeit der Justizbehörden bei einem Ermittlungsverfahren. Während Grassers Anwalt Michael Rami argumentiert, das Ermittlungsverfahren sei von den Behörden "nicht öffentlich" zu führen, hat die Finanzprokuratur das "Informationsinteresse der Öffentlichkeit" hervorgehoben. Sie stützt sich auf Angaben im "Wiener Kommentar zur StPO":

"§ 121 Abs 3 Satz 1 StPO (Vermeidung unnötigen Aufsehens bei einer Durchsuchung) steht einer solchen Medieninformation wohl insbesondere dann nicht entgegen, wenn die jeweilige Durchsuchung schon wegen ihrer äußeren Auffälligkeit (zB weil ein größeres Polizeiaufgebot zum Zweck einer Hausdurchsuchung vorfährt) kaum unbemerkt bleiben wird und deshalb ohnehin sicher zu erwarten ist, dass bald von dritter Seite eine Medieninformation erfolgt. In solchen Fällen gewährleistet eine amtliche Information am besten, dass die Medien objektiv und sachlich fundiert informiert werden und außerdem eine gleichmäßige Information aller interessierten Medien gewahrt ist, während es bei einer Medieninformation durch Dritte eher zu einseitiger Information kommen kann und es der Willkür überlassen bleibt, welches Medium als erstes verständigt wird", wird laut der Klage von der Finanzprokuratur ins Treffen geführt.

Grassers Anwalt hingegen hält in der Klage fest, dass sein Mandant in Folge der intensiven Medienberichterstattung noch lange auf die Durchsuchung angesprochen wurde. "Durch die oben aufgezeigte Berichterstattung über die Hausdurchsuchungen beim Kläger, ausgelöst durch die Presseaussendung der Staatsanwaltschaft Wien vom 26.05.2011, wurde dieser in seiner unternehmerischen bzw. beruflichen Tätigkeit und in seinem Erwerb massiv beeinträchtigt, weil aktuelle und potentielle Geschäftspartner dadurch verunsichert wurden, mit dem Kläger geschäftliche Verbindungen aufrechtzuerhalten oder überhaupt erst aufzunehmen. Beim Kläger können daher auf Grund der inkriminierten Presseaussendung jederzeit finanzielle Einbußen eintreten; es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass dies bereits geschehen ist."

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