Kampagne gegen die EU-Skepsis der Älteren

Kampagne gegen die EU-Skepsis der Älteren
EU-Verdruss: Seniorenchefs von SPÖ und ÖVP sehen die Union kritischer als früher.

Warum ist die Kritik an der EU bei den Senioren größer als bei der Jugend? Etwa zwei Millionen von 8,5 Millionen Österreichern sind über 60. Karl Blecha vom SPÖ-Pensionistenverband und Andreas Khol vom ÖVP-Seniorenbund nehmen Stellung.

Die ältere Generation ist deutlich skeptischer zur EU als Junge. Werden Ihre Organisationen dagegensteuern?
Andreas Khol:
Ja, wir starten aus Überzeugung zur EU eine Pro-Europa-Kampagne, die auch in unseren Seniorenzeitungen Niederschlag finden wird.
Karl Blecha: Das Europa, das wir vorfinden, wollen wir nicht und bekämpfen es - aber deshalb austreten wollen wir nicht, wir wollen es gemeinsam mit den europäischen Seniorenorganisationen gestalten und verändern. Auch bei der Währungsfrage wollen wir den Menschen klarmachen, wo wir ohne Euro geblieben wären.

Warum aber sieht die ältere Generation die EU deutlich kritischer als die junge?
Khol:
Weil die ältere Generation politisch aktiver ist und sie ein besseres Gedächtnis hat und Dinge wie die Sanktionen nicht vergessen hat. Und weil die EU-Institutionen - Parlament, Kommission, Rat und EU-Gerichtshof - sich immer wieder in nationale Dinge einmischen, die für uns selbstverständlich sind, sie aber nichts angehen. Etwa das Fehlurteil zum Hochschulzugang.
Blecha: Und weil in der EU längst ein Abbau der sozialen Errungenschaften geschieht, auch in Österreich. Das spüren die Älteren, sie haben den Eindruck, zu wenig Unterstützung zu bekommen. Weil vom Beitritt mehr soziale Sicherheit erwartet wurde, was sich nicht erfüllt hat.
Khol: Europa ist zum Problem geworden und nicht Teil der
Lösung. Auch ich bin skeptischer geworden.

Bei einer EU-Volksabstimmung würden Sie jetzt mit 'Nein' stimmen?
Khol:
Natürlich nicht, ich würde mit 'Ja' stimmen.
Blecha: Für die ältere Generation hat das Friedensprojekt Europa nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert. Aber sie ist kritischer geworden und fordert Veränderung.

Viel Kritik gibt es für den Euro, in Leserbriefen ist oft nur vom "Teuro" zu lesen.
Khol:
Der "Teuro" ist eine Propaganda-Masche. Ungarn zeigt gerade, wo wir ohne Euro stehen würden. Ederer hatte ja recht mit ihrem Tausender, dass jeder Haushalt profitieren wird. Ich kann mich erinnern, wie die Preise für Kleidung, Mehl oder Milch gesunken sind. Aber natürlich gab es auch eine normale Inflation.
Blecha: Ein Espresso um umgerechnet 60 Schilling haut einen unter'n Tisch. Aber dann setzt niemand sein heutiges Gehalt oder seine Pension in Relation dazu.

In der EU gibt es immer wieder Überlegungen, die Pensionssysteme zu harmonisieren. Eine gute Idee?
Blecha:
Wenn bestimmte Politiker nicht mehr weiter wissen, schwingen sie immer mit der demografischen Keule von der Überalterung.
Khol: Wir sprechen eher von einer Unterjüngung ...
Blecha: Diese Keule ist aber ein Blödsinn, die Gewinne sind immer noch höher als die Zuwächse der Pensionskosten. Wenn man davon ausgeht, dass wir länger gesund leben, muss man auch davon ausgehen, dass wir länger gesund arbeiten. Dafür ist die Arbeitswelt derzeit aber gar nicht vorbereitet.
Khol: Eine Harmonisierung der total unterschiedlichen Systeme würde für uns nur Verluste bedeuten, das wäre fatal. Es ist in alleiniger nationaler Verantwortung, unsere Pensionssysteme nachhaltig zu gestalten.

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