Kaltenbrunner: Interview auf dem K2

Kaltenbrunner: Interview auf dem K2
Als erste Frau hat Kaltenbrunner alle Achttausender ohne Zusatz-Sauerstoff bestiegen. Die Alpinistin erzählt über Glücksgefühle am K2.

H allo, da spricht die Gerlinde...", meldet sich Gerlinde Kalten-brunner am Donnerstag bei ihrem ersten Telefonat aus dem "Chinese Lager". Sehr erschöpft, aber überglücklich erzählt sie bei einer Telefonkonferenz des National Geographic , an der neben vielen anderen Medien auch der KURIER teilnahm, von der Erfüllung ihres Lebenstraums.

Frage: Wie war es, endlich den Gipfel zu erreichen?
Kaltenbrunner:
Es hat alles geleuchtet. Es war ein majestätischer, ergreifender Moment. Ich habe den Funk eingeschaltet und erst weinen müssen. Ich war dann eine Viertelstunde oben und habe nur gestaunt. Ich kann das Gefühl gar nicht recht in Worten ausdrücken.

Haben Sie am Gipfel auch an ihren verstorbenen Kollegen Fredrik Ericsson gedacht?
Ja, das habe ich. Man sieht von oben auf die Unglücksstelle, den Flaschenhals.

Gab es Momente des Zweifelns?
Ja, die gab es. Wir waren ein enorm starkes, aber kleines Team für einen sehr großen Berg. Und als Ralf umgedreht hat, haben wir stark hinterfragt, ob wir dieses Risiko noch eingehen können. Die Lawinengefahr war hoch.

"Cinderella Caterpillar"

Hatten Sie Bedenken, dass Sie kurz vor dem Gipfel wieder umdrehen müssen?
Im Coloir waren wir hüfthoch im Schnee. Wir entschieden, dass jeder "10 Steps" spurt und wir dann wechseln. Bei zehn Schritten kamen wir etwa einen Meter vorwärts. Ich habe
gezweifelt, ob sich das ausgehen würde, wir waren ja dann auch sehr spät am Gipfelgrat.

Was haben Sie am Berg am meisten vermisst?
Ich habe meinen Mann Ralf sehr vermisst. Wir wollten das ja gemeinsam durchziehen. Aber ich habe seine Entscheidung umzukehren akzeptiert.

Was hat Sie motiviert, eine Besteigung des K2 immer wieder zu versuchen?
Der K2 ist ein sehr kraftvoller, magisch anziehender Berg - auch wenn es sehr mühsame Momente gegeben hat. Es liegen zehn sehr anstrengende Tage hinter mir. An Motivation hat es mir nie gefehlt.

Erzählen Sie vom Abstieg.
Der war wirklich sehr, sehr schwierig. Wir wussten, dass wir in die Dunkelheit kommen würden und dass wir uns auf jeden Schritt konzentrieren müssen.

Wie war die Begegnung mit Ihrem Mann Ralf?
Es war das Allergrößte, das Schönste. Wir sind ein so gutes Team. Ralf hatte alles über das Fernglas beobachtet. Er gab mir so viel Zuversicht.

Auf was freuen Sie sich ?

Zunächst freue ich mich auf die drei Tage Rückmarsch. Es geht durch eine sehr schöne Landschaft. Und zu Hause freue ich mich auf meine Freunde und auf frisches Quellwasser. Am Berg bekommt man nicht so viel zum Trinken wie nötig wäre.

Werden Sie nochmal versuchen, auf den K2 zu steigen?
Eher nicht. Ich bin dankbar, dass ich oben stehen durfte. Ich habe die Liebe zum K2 nie verloren. Mit der Nord-Seite habe ich eine neue, einsame Seite des Berges kennen gelernt. Aber von unten werde ich ihn ganz bestimmt bestaunen.

Haben Sie Angst nach dem Erreichen Ihres Lebenstraums in eine Art Loch zu fallen?

Momentan überwiegt einfach die Freude und ich habe noch viele bergsteigerische Ziele. Es werden sich neue Träume auftun.

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