Justiz wirft Litauern Schlamperei vor

Justiz wirft Litauern Schlamperei vor
Vilnius habe nicht gut genug begründet, warum der Ex-KGB-Mann ein Verbrecher sein soll, verteidigt sich das Justizministerium in Wien.

Nach der immer heftigeren internationalen Kritik an Österreich in der Causa Golowatow geht das Justizministerium jetzt in die Gegenoffensive: Man habe gar keine andere Wahl gehabt, als Golowatow, der in Litauen wegen Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt werden soll, nach einem Tag in Haft wieder freizulassen.

Schuld seien die mangelhaften Dokumente, die man von den litauischen Kollegen erhalten habe, sagt Christian Pilnacek, Leiter der Strafrechtsabteilung im Justizressort: "Aus den Unterlagen war kein konkreter Tatverdacht ersichtlich." Auch auf mehrmalige Nachfrage habe man aus Litauen nichts Brauchbares bekommen. "Es war schon ein Entgegenkommen von uns, mehrere Fristen zu setzen. Die Staatsanwaltschaft hätte auch sofort entscheiden können."

Pilnacek sagt, man habe Litauen "unmittelbar kommuniziert", dass der europäische Haftbefehl (er sieht eine automatische Auslieferung vor) nicht anwendbar sei, da Österreich diesen nur für Taten nach 2002 akzeptiert.

Abhandlung

Bis zur letzten Frist, Freitag 14 Uhr, habe man lediglich eine "historische Abhandlung der Ereignisse" erhalten: "Es fehlte die genaue Zuordnung einer Tat: Was der Betroffene wann wo gemacht haben soll", sagt Pilnacek. Dass Golowatow 1991 Befehlshaber einer Sondereinheit gewesen sei, die einen TV-Turm gestürmt habe, und bei dieser Aktion 14 Personen getötet wurden, "reicht nicht als Beweis".

Er verstehe die Aufregung in Litauen, aber: "Juristisch ist die Sache eindeutig. Politisch wäre eine andere Entscheidung denkbar, vielleicht erwünscht gewesen. Die Staatsanwaltschaft kann aber nicht politisch entscheiden."

Litauen sieht das anders. Die dortige Generalstaatsanwaltschaft hat die europäische Justizkoordinationsstelle Eurojust um Hilfe bei der Aufklärung ersucht. "Wir sind sicher, dass wir beweisen können, dass Österreich europäisches Recht gebrochen hat" sagt der außenpolitische Berater der Präsidentin. "Wir wollen, dass Österreich diesen Fehler eingesteht." Unterstützung erhält Litauen aus Salzburg, der Partnerstadt von Vilnius: Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) spricht von einem "politischen Riesenblödsinn" der Behörden.

Absurd

Außenminister Michael Spindelegger ( ÖVP) wollte sich gestern nicht äußern. Er schickte Altkanzler Wolfgang Schüssel, außenpolitischer Sprecher der ÖVP, vor, die Kritik als "nicht gerechtfertigt und absurd" zurückzuweisen. Bundespräsident Heinz Fischer erklärte, dass sich Litauen "überzeugen lassen" wird, dass "vonseiten Österreichs keine böse Absicht oder keine Vertuschungsabsicht dabei war".

Ein kurioses Detail der komplexen Causa: Während die Justiz den Tatverdacht als "nicht ausreichend" bewertete und Golowatow trotz europäischen Haftbefehls laufen ließ, verweigerte die Fremdenpolizei dem Russen die Einreise nach Österreich - wegen besagten Haftbefehls.

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