Streit um Regeln für Mittelmeer-Retter

Rom fordert, dass NGOs Rettungen in libyschen Gewässern stoppen.

Lenken die Flüchtlings-Retter im Mittelmeer ein, oder beharren sie auf das internationale Seerecht, ungeachtet internationaler Kritik durch die Politik? Mit Spannung wird heute Nachmittag in Rom ein Treffen zwischen dem italienischen Innenminister Marco Minniti und den Vertretern von NGOs erwartet. An dem Treffen nehmen unter anderem die Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und Jugend Rettet teil. Insgesamt sind derzeit zehn Hilfsorganisationen im Mittelmeer im Einsatz.

Rom droht mit Hafen-Blockade

Im Vorfeld hatte es Kritik am Vorstoß der Regierung in Rom gegeben, Hilfsorganisationen einen Verhaltenskodex vorzulegen, den diese nach internationalem Seerecht bereits befolgen. Ob die NGOs den Kodex bereits heute Dienstag unterzeichnen, ist noch unklar. Einige NGOs wollen den Entwurf noch rechtlich prüfen. Wer den Kodex nicht unterzeichnet oder gegen ihn verstößt, dem kann die Einfahrt in italienische Häfen verweigert werden.

NGOs im Mittelmeer gerieten in den vergangenen Wochen in den Fokus der Kritik. Zuletzt waren die privaten Seenotretter mehrfach für ihr Engagement kritisiert worden, unter anderem weil Rettungseinsätze immer näher an der libyschen Küste stattfinden. Die Vorwürfe gingen so weit, dass einigen NGOs sogar vorgeworfen wurde, mit Schleppern zusammenzuarbeiten. Dafür gibt es aber weder Beweise, geschweige denn eine konkrete Verurteilung. Außenminister Kurz konnte zudem letzte Woche bei einem Pressegespräch keine Namen von Organisationen nennen, die mit Schleppern zusammenarbeiten würden.

"Wir halten uns ans Seerecht"

Der von der Regierung in Rom angeordnete Verhaltenskodex – der von der EU abgesegnet wurde, stößt auf Kritik . „Seit dem ersten Einsatztag hält sich unsere NGO an die offiziellen, gesetzlichen Vorschriften", betont ein Sprecher von Jugend Rettet. Der Regelkatalog sei ein weiterer Schritt, die Arbeit der Organisationen zu kriminalisieren. „Warum wird nicht über das Thema gesprochen, das eigentlich zur Debatte stehen sollte, nämlich die humanitäre Katastrophe an Europas Grenzen?“, fragen sich die Seenotretter der Organisation Sea Watch. Ein Ärzte ohne Grenzen- Vertreter sieht in den Anschuldigungen der NGOS einen Versuch der Regierungen, vom eigenen Scheitern und der eigenen Unfähigkeit abzulenken, langfristige Lösungen für das epochale Phänomen der Flucht zu finden .

Polizei muss an Bord

Der Forderungskatalog an die privaten Seenotretter enthält folgende Punkte: Es gilt "absolutes Verbot für NGOs, in libysche Gewässer einzufahren", außer es besteht "Gefahr im Verzug für menschliches Leben auf See". Funkgeräte (Transponder) zur Ortung der Rettungsschiffe dürfen nicht abgeschaltet werden. Weiters ist eine Aussendung von Lichtsignalen nicht erlaubt, die eine Abreise von Booten mit Flüchtlingen von der libyschen Küste erleichtern. Dadurch sollen Kontakte mit Schleppern unterbunden werden. Außer in Notsituationen dürfen keine geretteten Flüchtlinge an andere Boote übergeben werden. Die Hilfsorganisationen werden verpflichtet, die Geretteten selbst in den nächsten "sicheren Hafen" zu bringen und nicht an Schiffe der italienischen Küstenwache oder von internationalen Einsätzen abzugeben. Such- und Rettungsaktionen der libyschen Küstenwache dürfen nicht behindert werden. Polizei, die Ermittlungen gegen Schlepperbanden ermittelt, muss an Bord gelassen werden. Die Finanzierung der Rettungsaktionen muss offengelegt werden. NGOs müssen die Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden beim Landegang der Flüchtlinge und Migranten zusichern. Die NGO-Schiffe müssen den Behörden dabei "mindestens zwei Stunden vor Erreichen des Hafens" die erforderlichen Dokumente übermitteln.

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