Internet-Kriminalität: 15 Milliarden Schaden

Internet-Kriminalität: 15 Milliarden Schaden
Die Hackerangriffe haben sich verzwanzigfacht, die Anzeigen wegen Internetdelikten sich verdoppelt. Österreich will nun aufrüsten.

Es sind echte Kapazunder, die sich seit Monaten im Innenministerium hinter verschlossenen Türen treffen: Generaldirektoren, Vorstandsvorsitzende von Großbanken, Transportunternehmer und Chefs von Energieversorgern geben sich ein Stelldichein. "Da kommt niemand aus der zweiten Reihe. Es geht hier einfach um enorm viel Geld", sagt Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner.

„Wie Drogenhandel“

Erstmals werden bedrückende Zahlen genannt: "Etwa 15 bis 20 Milliarden Euro betrug der Schaden durch Cyber-Kriminelle im Vorjahr", erklärt Erwin Hameseder, Präsident des Kuratoriums Sicheres Österreich (KSÖ). Opfer sind dabei Firmen, Behörden und Private. "Diese Kriminalitätsform läuft bereits wie beim Drogenhandel ab, da sind internationale Banden aktiv." Tatsächlich wird mit Internetbetrug weltweit sogar schon mehr Geld erwirtschaftet als mit Rauschgift.

Heimische Banken verlieren bereits das zwölffache an Geld durch Internetangriffe wie durch Betrügereien und Überfälle in realen Geldinstituten. Der moderne Bankräuber sitzt in Ländern wie Russland oder China in Hausschuhen am Computer und macht sich nicht mehr die Hände vor Ort schmutzig.

Dem steht ein eher träger Apparat gegenüber. "Unklare Kompetenzlage der Behörden", ist das häufigste Problem. Das ergab eine gestern, Dienstag, veröffentlichte Risikoanalyse des Internets durch 60 Experten in Österreich. Dazu kommen Firmen, die sich gegenseitig misstrauen und deshalb auch nicht gegenseitig informieren über Angriffe aus dem Netz. "Jede Firma weiß, dass wenn etwas bekannt wird, der Schaden oft ein vielfaches ausmacht", erklärt Hameseder.

"Dieses Schrebergartendenken muss über Bord geworfen werden", betont Mikl-Leitner. Bis Ende des Jahres wird eine österreichische Cyber-Strategie entwickelt, bei der auch alle betroffenen Ministerien involviert sind. Geklärt werden soll dabei, ob es Gesetze braucht, um den Informationsaustausch zwischen den betroffenen Firmen zu ermöglichen.

Anzeigenzahl steigt

Internet-Kriminalität: 15 Milliarden Schaden

Vorerst registriert die Polizei allerdings eine Explosion der Internet-Kriminalität. Es gibt keinen Bereich, wo es nicht mindestens Steigerungen im zweistelligen Prozentbereich gibt. Hackerangriffe haben sich laut Innenministerin innerhalb weniger Jahre verzwanzigfacht. Die Zahl der Anzeigen wegen IT-Kriminalität hat sich im Vorjahr von 1077 auf 1926 Anzeigen beinahe verdoppelt.

Dass die meisten Internetnutzer nicht wissen, an wen sich potenzielle Opfer der Internet-Kriminellen wenden können, weist Mikl-Leitner zurück: "Es gibt kein Kompetenz-Wirrwarr. Wir schicken ab September 300 Internetcops in die Schulen, um aufzuklären. Außerdem gibt es ein Cyber-Kompetenzzentrum im Bundeskriminalamt, das ermittelt." Diese sei nun über die zentrale Mailadresse against-cybercrime@bmi.gv.at zu erreichen. Dort kann man nicht nur virtuell Anzeige erstatten, sondern sich auch informieren, ob verdächtige eMails Phishingattacken sind oder nicht.

32.700 Beschwerden

Das es im Internet einen Boom bei Betrügereien gibt, zeigen auch die Bilanzen von Arbeiterkammer und Verein für Konsumenteninformation. Im Vorjahr haben sich 32.700 Österreicher über Abzockereien im Netz beschwert.

"Sicherheit ist aber keine Einbahnstraße der Behörden", betont Hameseder und erzählt von einem interessanten Schulprojekt: Ein Lehrer kopierte dabei die Facebookeinträge seiner Schüler und plakatierte damit das Klassenzimmer. Anschließend hagelte es Beschwerden darüber, dass er in die Privatsphäre der Kinder eingedrungen sei. Dabei wurden nur Einträge aufgehängt, die ohnehin frei und für jeden zugänglich waren.

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