Zuwanderung: Kern-SPÖ will Asylzentren in Afrika forcieren

ABD0034_20160615 - WIEN - ÖSTERREICH: Bundeskanzler Christian Kern und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (r.) während einer Nationalratssitzung am Mittwoch, 15. Juni 2016, im Parlament in Wien. - FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER
Die SPÖ will der ÖVP und Sebastian Kurz das Flüchtlingsthema nicht überlassen. Ihr Konzept: Mehr Druck in der EU – und Asylzentren im Niger.

Vom Oberwarter Wochenmarkt auf den Schwechater Flughafen – und weiter nach Triest: Bundeskanzler Christian Kern bestritt am Mittwoch ein dichtes Programm, und bis zum Wiener Flughafen hatte er einen Mitstreiter immer an seiner Seite: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Der Paarlauf kam nicht von ungefähr: In Oberwart mischten sich Kern und sein Sicherheitsminister unter die Wähler, kurz vor dem Abflug des Regierungschefs nach Triest wollten die beiden in einem eilends einberufenen Journalisten-Gespräch noch ein Thema forcieren, mit dem Haupt-Konkurrent Sebastian Kurz einen Großteil der Auftritte bestreitet, nämlich: mit der Flüchtlingsproblematik – und der Migration über die Mittelmeer-Route . Die Position der SPÖ ist weidlich bekannt: Wir sehen das Problem, wollen darüber aber lieber seriös reden. "Jeder, der einfache Lösungen verspricht, verspricht etwas, was man nicht halten kann", sagte Kern am Flughafen. Seriös sind aus Sicht der SPÖ folgende Anliegen:

Marschall-Plan für Nordafrika

Kern will in der EU "alles daran setzen", dass die Länder zwischen Marokko und dem Sudan wirtschaftlich auf die Beine kommen und stabiler werden. Der EU-Investitionsplan für Afrika könnte bei gutem Willen Investitionen von 44 Milliarden Euro auslösen.

Verfahrenszentren in Niger

Was in Ländern wie Libyen de facto undenkbar ist, nämlich EU-Außenstellen für Asylwerber einzurichten, wäre laut Kern und Doskozil in der Republik Niger möglich, ja sogar erstrebenswert. "Dort gibt es eine stabile Regierung und einen willigen Präsidenten", sagt Kern. Natürlich sei "viel Geld" nötig, damit im Niger mit Hilfe des UNHCR Verfahrenszentren entstehen.

Neue EU-Kooperation

Die SPÖ bzw. die rote Regierungsmannschaft will die inner-europäische Solidarität vorantreiben. Es gehe nicht an, dass Länder wie Österreich oder Italien mehr zu leisten hätten als etwa die Visegrád-Staaten. Und wenn keine Einigung gelingt? Dann müsse man im Zuge der Diskussion um das künftige EU-Budget über Konsequenzen nachdenken. Anders gesagt: Netto-Zahler wie Österreich sollten widerspenstigen EU-Nachbarn drohen, die Mittel zu streichen.

Rückführungsbeauftragter

Wie beim Brexit wünschen sich Kern und Doskozil einen EU-Chefverhandler, der über Rückführungsabkommen mit Nicht-EU-Staaten verhandelt. Zur Erklärung: Um abgelehnte Asylwerber abschieben zu können, sind Abkommen mit den Herkunftsstaaten nötig – und genau die werden eher erratisch von der EU verhandelt. Doskozil: "Mir fehlt eine Person, die das europäisch bündelt."

"Positiv" hat Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf den von Bundeskanzler Christian Kern und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (beide SPÖ) präsentierten Sieben-Punkte-Plan gegen illegale Migration reagiert. Diese Punkte entsprächen dem, was er, Innenminister Wolfgang Sobotka (ebenfalls ÖVP) und Doskozil schon länger forderten, sagte Kurz am Mittwoch beim Westbalkan-Gipfel in Triest.

Auch der Forderung nach einem Migrationsbeauftragten konnte Kurz etwas abgewinnen. "Wenn der Beauftragte einen Beitrag leisten kann, die Mittelmeerroute zu schließen, sehe ich das positiv", äußerte sich der ÖVP-Chef ähnlich wie schon zuvor sein Innenminister. An sich ist in der EU-Kommission der Grieche Dimitris Avramopoulos für Migrationsfragen zuständig.

Er habe immer die Meinung vertreten, dass die illegale Migration gestoppt werden müsse, unterstrich der ÖVP-Chef. "Solange die Rettung aus dem Mittelmeer mit einem Ticket nach Europa verbunden ist, werden Leute unterwegs sein und auch sterben", bekräftigte Kurz.

Auch die Forderung nach Aufnahmezentren außerhalb Europa sei nicht neu, sagte der Außenminister. "Wenn der Bundeskanzler das unterstützt, freut es mich." Wenn die EU Ländern in Afrika entsprechende Angebote mache, werde es auch die Bereitschaft geben, solche Zentren zu eröffnen.

Jenen Ländern, die dann aber dennoch keine Migranten zurücknehmen wollten, müssten eben Gelder - zum Beispiel aus der Entwicklungszusammenarbeit - gestrichen werden. "Wir müssen positive Anreize bieten, aber auch negative Konsequenzen setzen, wenn es keine Kooperation gibt."

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