"ZiB2"-Demütigung: Druck auf den ORF steigt

Armin Wolf erzürnte Mitterlehner mit Anmoderation.
Mitterlehner hat mit seiner Medienschelte ein starkes Wahlkampfthema in die innenpolitische Arena geworfen.

Für den scheidenden ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner war es ein "letzter Mosaikstein in einem schon fertigen Bild" vor seinem emotionalen Rücktritt: Die "ZiB2"-Anmoderation zur ÖVP-Krise fand am Dienstag vor dem Filmtitel "Django – die Totengräber warten schon" statt. Moderator Armin Wolf zog davor eine komödiantisch betretene Miene und deutete auf den hinter ihm eingeblendeten Film. "Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich finde es nicht mehr pointiert. Sondern das finde ich fehl am Platz", wetterte Mitterlehner.

Ihm reicht es mit den Medien: Mitterlehner polterte in seiner Rücktrittserklärung auch direkt gegen die anwesenden ORF-Journalisten ("Nicht sauer schauen, liebe Kollegen von ORF") und brachte den im Hintergrund köchelnden ÖVP-Plan für ein "Volksbegehren für einen objektiven ORF" öffentlich aufs Tapet. Der moderate Parteichef im Windschatten eines Erwin Pröll?

Nun: Es ist schwer vorstellbar, dass Mitterlehner seinen Sommer damit verbringt, Unterschriften gegen unziemliche Fragen durch Armin Wolf oder nuanciertere Interviewer(-innen) des ORF zu sammeln – ein Volksbegehren gehört zum Repertoire eines Zwischenwahlkampfs, für den aller Voraussicht nach keine Zeit bleibt.

Anti-ORF-Stimmung

Was viel schlimmer ist: Hier braut sich ein potenziell wahlbeherrschendes Thema zusammen, das von einer immer breiteren Anti-ORF-Stimmung – nun auch in der ÖVP – angeschoben wird.

Mit Mitterlehner hat sich einer der differenzierteren Kritiker und bekennenden Förderer des Journalismus aus der ÖVP-Führung verabschiedet. Übrig bleiben Hardliner wie Innenminister Wolfgang Sobotka, dessen stark von St. Pölten geprägtes Medienverständnis nur schwer mit harten Fragen vereinbar ist. Oder Reinhold Lopatka, der für vieles bekannt ist, für pluralismusfördernde Maßnahmen aber eher nicht.

Wer genau hinhört, kann Mitterlehners Groll gegen die innenpolitische Berichterstattung allgemein und die ORF-Usancen im Besonderen durchaus nachvollziehen. Im ORF-Medienmagazin "#doublecheck" erklärte er vergangene Woche etwa zu den "ZiB2"-Interviews, diese hätten "tendenziell weniger den Eindruck vermittelt, es geht um Informationsdarstellung und auch jetzt im Gespräch um vertiefende Information, sondern darum, Sieger und Besiegte zu entwickeln".

"ZiB2"-Demütigung: Druck auf den ORF steigt
TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher rückte noch am gestrigen Mittwoch zur Schadensbegrenzung aus. Und entschuldigte sich live in der "ZiB" für Wolfs Gag: Man müsse "zur Kenntnis nehmen, dass dies von Mitterlehner als persönliche Kränkung verstanden wurde, dies tut uns leid", erklärte er schon vorab. Auch Wolf entschuldigte sich.

Wird wirklich im Herbst gewählt, hat die neue Regierung im kommenden Jahr neuen Sprengstoff: Der Rechnungshof-Bericht zur ORF-Sanierung steht an. Für harte Schnitte gibt es also genügend Gründe.

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