Zerstrittene Genossen bescheren Wiener SPÖ-Spitze ein Desaster

Michael Häupl beim WienerParteitag
Der interne Konflikt in der Wiener SPÖ eskaliert. Delegierte strafen Häupl, Ludwig und Brauner ab.

Es hätte ein Tag der Versöhnung werden sollen – und endete im Desaster.

Der Landesparteitag der seit Monaten zerstrittenen Wiener SPÖ führte zu einer wilden gegenseitigen Streichorgie, von der die Spitzenvertreter beider Lager betroffen waren. Bürgermeister Michael Häupl, der diesmal zum letzten Mal als Parteichef antrat, wurde mit mageren 77,4 Prozent von den Delegierten gewählt. 2015 hatte er noch knapp 96 Prozent erreicht.

Schlimmer noch traf es Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, der von den Vertretern der Flächenbezirke als Häupl-Nachfolger favorisiert wird. Er kam bei der Wahl zum Parteichef-Stellvertreter nur auf 67,8 Prozent. Die Gegenseite, vertreten durch Finanzstadträtin Renate Brauner, bekam ebenso ihr Fett ab. Sie fiel auf 67,5 Prozent zurück.

Galgenhumor

"Das ist kein sowjetisches Ergebnis", übte sich Nationalrat Kai Jan Krainer beim Verlesen der Ergebnisse in Galgenhumor. Betretene Stille im Saal. Matter, kurzer Applaus bei Häupls Resultat. „Wir sind alle gewählt. Was als nächstes ansteht ist gemeinsame Arbeit in gemeinsamer Verantwortung“, kommentierte Häupl das Debakel trocken. Ähnlich Brauner: „Das Ergebnis ist Ausdruck der öffentlichen Diskussion der letzten Monate. Es ist Auftrag, sie wieder im Inneren zu führen. Das Ziel ist, dass wir für die Nationalratswahl wieder geeint auftreten.“ Auch Ludwig übt sich in Zweckoptimismus: „Jetzt gilt es noch stärker und mit vereinten Kräften die Herausforderungen in unserer Stadt anzupacken. Nach der Wahl ist vor der Wahl.“


Häupls Appell verhallte

Dabei schien es zuletzt, dass in der SPÖ wieder etwas Ruhe eingekehrt ist. Nach massivem Druck aus den Flächenbezirken hatte Häupl vor wenigen Wochen seine Nachfolge geregelt. Nach der nächsten Nationalratswahl will er sich aus der Politik zurückziehen. Damit war eine der zentralen Forderungen aus Bezirken wie Simmering, Liesing oder Floridsdorf erfüllt. Um das Bild der Partei nicht zu schädigen, soll Häupl zuletzt noch wie berichtet an die Genossen appelliert haben, von Streichungen abzusehen.

Doch schon bei der Frauenkonferenz am Freitag wurde der Nichtangriffspakt gebrochen. Dabei wurden zwei Vertreterinnen der rebellischen Bezirke abgestraft. Barbara Novak (Döbling) erhielt nur 64 Prozent, Ruth Becher aus der Donaustadt 69 Prozent. „Dass man mit zwei Funktionärinnen, die in ihrer inhaltlichen Arbeit so engagiert sind, so verfährt, hat großen Ärger ausgelöst“, sagte Simmerings Bezirksparteichef Harald Troch noch am Samstagvormittag. Stunden später kam es dann zum gegenseitigen Gemetzel.

Gespaltene Partei

Zurück bleibt eine tiefer denn je gespaltene Partei. Dabei hatte am Vormittag Bundeskanzler Christian Kern, der spätestens im Herbst 2018 Nationalratswahlen zu schlagen hat, die Einheit der Wiener Genossen beschworen. „Der politische Gegner ist nicht in unseren eigenen Reihen. Er ist leicht zu erkennen“, so Kern und meinte damit die FPÖ. „Wir müssen uns gemeinsam darauf konzentrieren, ihn zu bekämpfen, wo wir ihn erwischen.“

Inhaltlich prägte ein Antrag der Sektion 8 den Parteitag. Ihre Forderung, Entnahmeboxen von Gratiszeitungen in U-Bahn-Stationen und im öffentlichen Raum zu verbieten, sorgte für eine leidenschaftliche Debatte. Letztlich setzten sich die Parteirebellen aber nicht durch. Über den Antrag wurde nicht abgestimmt, er wird einer Arbeitsgruppe zugewiesen.

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