Zentralmatura: Bifie-Chef weist Vorwürfe zurück

Schüler-Demo vor dem Parlament: Schon im dezember wurde gegen die Zentralmatura protestiert.
Der Notenschlüssel sorgt für Verstimmung bei Schülern und Lehrern - für Ministerin und Bifie ist "alles korrekt".

Der Protest von Schüler- und Lehrervertreter haben am Mittwoch gegen den Notenschlüssel bei der am Dienstag abgehaltenen Englisch-Zentralmatura hält an: Stein des Anstoßes war der geänderte Notenschlüssel bei der am Dienstag abgehaltenen Englisch-Zentralmatura. Die Kritik: Man habe erst nach der Matura erfahren, dass die Punktegrenze für eine positive Beurteilung angehoben worden sei. Die Punktegrenze für eine positive Beurteilung sei statt wie bisher nicht bei 60, sondern bei 63 Prozent der Punkte gelegen.

"Alles korrekt"

Im Bundesinstitut für Bildungsforschung nimmt man die Kritik so nicht hin: Es gebe kein Chaos am Bifie, betont der Direktor des Instituts, Martin Netzer, im Ö1-Gespräch. Man habe seit Monaten informiert, dass der Prozentwert für die Matura variabel sei. Daher seien die Standards auch nicht geändert worden. An einen Rücktritt denke er jedenfalls nicht. Auch Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sieht dies so: Sie teilte Ö1 schriftlich mit, dass die 63 Prozent bei der Englisch-Matura keinesfalls eine nachträgliche Änderung seien. Es sei alles korrekt und entspreche dem neuen Benotungsprinzip, so Heinisch-Hosek.

60 statt 63 Punkte

Im Vorfeld hatten Lehrer von zwei Schulen die "sachlich nicht nachvollziehbare Verschärfung" in offenen Briefen kritisiert. Man habe die Schüler jahrelang nach den vom Bifie und Bildungsministerium vorgegebenen Beurteilungsraster benotet. Die Hinaufsetzung der Grenze für ein "Genügend" widerspreche nicht nur den sonst gültigen Rechtsnormen, wonach die Schüler vor Klausuren die Notenschlüssel erfahren müssen, sondern zeuge auch von einem "Mangel an pädagogischer Sensibilität und Wertschätzung für die betroffenen SchülerInnen und LehrerInnen", heißt es in einem Protestschreiben von Englisch-Lehrern einer Wiener AHS.

Dieser "Unfug" sei sofort zu korrigieren, so die Lehrer. "Es muss einem Expertenteam doch möglich sein, Maturaaufgaben so zu gestalten, dass der 'Cut-Score' genau 0,6 ist und derartige Irritationen vermieden werden können." Die VP-nahe Schülerunion ärgerte ebenfalls, dass die Änderung des Notenschlüssels eben nicht im Vorhinein kommuniziert wurde. Außerdem sei der Beurteilungsschlüssel der einzelnen Aufgaben nicht angegeben gewesen.

"Richtwert"

Bifie-Direktor Netzer betonte zudem in einer Aussendung, dass bei Schulungen sowie in Schreiben an Schulleitungen und Schulaufsicht immer von 60 Prozent als "Richtwert" gesprochen worden sei, der je nach Schwierigkeitsgrad der Aufgaben variieren könne. "Das bedeutet: Wenn eine Prüfung vergleichsweise schwierig ist, dann müssen etwas weniger Punkte erreicht werden im Vergleich zu Prüfungen, die tendenziell etwas leichter sind. Dieses Vorgehen sorgt für Fairness und Vergleichbarkeit."

Heuer seien aus dem Aufgabenpool Prüfungspakete gewählt worden, "die tendenziell etwas leichter sind": "Deshalb müssen etwa die Schüler/innen an AHS in Englisch 63 Prozent erreichen. Das ist korrekt und entspricht dem neuen Benotungsprinzip." Über diese neue Art der Benotung seien Schüler wie Lehrer informiert worden, die Bundesschülervertretung im Rahmen eines Treffens mit Ministeriumsvertretern im Dezember des Vorjahrs, Direktoren und Schulaufsicht im April per Mail.

Unterstützung kommt vom Ministerium: Für die heurige Reifeprüfung sei ein Aufgabenpaket ausgewählt worden, das etwas leichter gewesen sei, heißt es aus dem Bildungsministerium. Um die Vergleichbarkeit der Noten über mehrere Jahre zu gewährleisten, sei der Beurteilungsschlüssel angepasst worden. Dies wäre auch nicht im Nachhinein erfolgt, vielmehr sei diese Möglichkeit schon im Vorfeld bekannt gewesen. Darüber seien sowohl Schülervertreter als auch AHS-Direktoren und Schulaufsicht informiert worden. In den Bifie-Info-Materialien, die der APA vorliegen, heißt es auch tatsächlich, dass für ein Genügend insgesamt "mindestens 60 Prozent" der Punkte zu erreichen sind - mit der Fußnote: "Dieser Wert kann in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad der Aufgaben geringfügig variieren." In den im April an die Direktionen versendeten "Erläuterungen zur Benotung" findet sich ebenfalls ein ähnlicher Passus: "Die Schwelle zwischen 'Nicht genügend' und 'Genügend' im Notenschlüssel beträgt ungefähr 60 (entspricht 60 Prozent bei einer maximal erreichbaren Anzahl von 100 gewichteten Punkten). Der tatsächliche Betrag der Notenschwellen unterliegt jedoch je nach Schwierigkeit der in den Klausurheften enthaltenen Aufgaben leichten Variationen."

Dieser Hinweis hat sich aber offenbar nicht bis zu den Englisch-Lehrern durchgesprochen. Der Passus gilt übrigens für alle Reifeprüfungen in den lebenden Fremdsprachen - also auch Französisch, Italienisch und Spanisch.

Früher Informieren

Die Vorgehensweise wolle man allerdings überdenken, heißt es aus dem Bifie. Als Folge des Protestes könnten Lehrer und Schüler im kommenden Jahr früher erfahren, wie der Notenschlüssel aussieht.

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