Sobotka: Der Provokateur vom Dienst

Innenminister Wolfgang Sobotka bezweifelt den Willen der SPÖ zum Neustart
Kaum ist Wolfgang Sobotkas Unterschrift unter dem Koalitionspakt trocken, kracht es schon wieder. Mt der Forderung nach einer Einschränkung des Demo-Rechts.

Wolfgang Sobotka ist drauf und dran, Reinhold Lopatka die Rolle als Provokateur vom Dienst streitig zu machen.

Im Vergleich zur Instinktsicherheit und zur Schlagzahl, mit der der Innenminister Konflikte mit der SPÖ vom Zaun bricht, nimmt sich Lopatkas Dauerfeuer auf die ÖBB wie Platzpatronen aus.

Sobotkas widerwillig geleistete Unterschrift unter das eben erst fertiggestellte Regierungsprogramm ist kaum trocken, spaltet der Minister bereits wieder die Koalition, diesmal mit der Forderung nach einer Einschränkung des Demo-Rechts.

Dabei hat er in der vergangenen Woche gerade noch rechtzeitig die Kurve gekratzt. Für den Fall, dass Sobotka nicht eingelenkt und den aktualisierten Koalitionspakt nicht unterschrieben hätte, gab es Pläne, ihn aus der Regierung zu werfen. Dem Vernehmen nach hätte die Koalitionsspitze Bundespräsident Alexander Van der Bellen ersuchen wollen, den Innenminister zu entlassen.

Rein verfassungsrechtlich kann der Bundespräsident einen Minister auf Vorschlag des Kanzlers ablösen.

Aber so weit sollte es nicht kommen.

Einstieg mit lautem Krach

Der 61-jährige Niederösterreicher ist seit 21. April 2016 Innenminister. Schon sein Eintritt in die Bundesregierung erfolgte – durchaus symptomatisch – mit einem lauten Krach. Landeshauptmann Erwin Pröll bildete kurzerhand die Bundesregierung um und degradierte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bei der Rochade zum Zuschauer. Damit Prölls Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner durch die zu erwartende ÖVP-Niederlage bei der Bundespräsidentenwahl nicht beschädigt würde, holte Pröll Mikl-Leitner nach St. Pölten und schickte Sobotka nach Wien. Sobotka fügte sich, obwohl er als überzeugter Föderalist viel lieber Landeshauptmann als Bundesminister geworden wäre. Doch Parteidisziplin und Prölls Autorität sind Instanzen, die Sobotka akzeptiert.

Wenn Pröll demnächst weg ist, wird Sobotka weniger geschwächt als viel mehr ungebremst sein. Das kann noch heiter werden.

Manche seiner Kritiker versuchen, Sobotka zum provinziellen Simpel mit Rambo-Manieren zu stilisieren. Da liegen sie falsch. Sobotka hat vielfältige Interessen, besitzt musische Fähigkeiten und ist überdurchschnittlich gebildet. So gibt es nicht viele Landesräte, die in der Lage sind, ihre Kritik am Finanzminister in ein Zitat aus einem Shakespeare-Drama zu kleiden ("Bei Philippi sehen wir uns wieder", aus Julius Caesar).

Sobotka studierte Geschichte an der Universität Wien, Violoncello und Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien sowie Dirigieren am Brucknerkonservatorium in Linz. Sobotka unterrichtete bis 1992 sowie von 1996 bis 1998 als AHS-Lehrer in seiner Heimatstadt Waidhofen an der Ybbs und war von 1972 bis 1998 zuerst Lehrer, dann Leiter der dortigen Musikschule. Von 1980 bis 1987 bekleidete er zudem das Amt des Stadtarchivars und war von 1987 bis 1998 Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien.

Familienmensch und Häferl

Zu seinen charakteristischen Eigenschaften zählen auch, dass er ein Familienmensch ist, extrem fleißig, sehr direkt und ein Häferl.

Der mitunter enervierende Wirbelwind, mit dem Sobotka durch die Politik fegt, geht einerseits auf sein Temperament zurück, andererseits auf parteipolitischen Ehrgeiz, den er aus der niederösterreichischen ÖVP mitbringt. Zur Zeit gilt seine Energie zwei Zielen: In Niederösterreich alles zu tun, damit die Landtagswahl auch ohne Pröll gut ausgeht. Auf Bundesebene bei der Nationalratswahl für die ÖVP das Kanzleramt zu erobern.

Daher zählt Sobotka zu den eifrigsten Befürwortern von Minister Sebastian Kurz als ÖVP-Kanzlerkandidat. Als bei der Gemeinderatswahl am vergangenen Sonntag die ÖVP in Sobotkas Heimatstadt Waidhofen von 47 auf 60 Prozent zulegte, sagte Sobotka: "Man sieht, wenn die ÖVP den richtigen Kandidaten hat, kann sie Wahlen gewinnen."

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