Wo der Rabauke Trump zu einem "pointierten" Formulierer wird

Danke, Exzellenz: Der Apostolische Nuntius gratulierte Neo-Bundespräsident Alexander Van der Bellen stellvertretend für 130 Botschafter
Der neue Bundespräsident, Alexander Van der Bellen, hatte seine erste Feuerprobe zu bestehen: den Neujahrsempfang.

Was für ein Mantel! Der Anlass ist steif genug, da darf man ausnahmsweise mit dem purpurnen Prachtstück beginnen, das den Apostolischen Nuntius, Seine Exzellenz Peter Stephan Zurbriggen, kleidet. Gediegen gewandet wie kein Zweiter, sitzt der Botschafter des Vatikans neben Alexander Van der Bellen – das Diplomatische Corps ist zum Neujahrsempfang geladen.

Als "Doyen" darf Zurbriggen für rund 130 Botschafter sprechen, die – fein säuberlich nach Dienstalter gereiht – im Zeremoniensaal der Hofburg Aufstellung nehmen. Für den Bundespräsidenten ist es die erste diplomatische Feuerprobe, der Neujahrsempfang gilt im Corps als der Empfang. Größer geht nicht, das zeigen die Mühen von Heer und Hofburg: Vor dem Haus salutiert eine Ehrenformation für die im 30-Sekunden-Rhythmus eintrudelnden Autos.

Stiegenhaus und Eingänge werden von Garde-Soldaten bewacht, der Hof ist zugeparkt mit Limousinen.Dass Zurbriggen sitzt, liegt an seiner ramponierten Gesundheit, und ohne großes Zutun schrammt Van der Bellen an einer mittleren diplomatischen "Katastrophe" vorbei: Denn hätte Zurbriggen abgesagt, wäre als Dienstältester der Botschafter Nord-Koreas zum Zug gekommen. Ausgerechnet der unberechenbare Schurkenstaat als Repräsentant von 130 Ländern? Ältere Hofburg-Semester ließ die Vorstellung erschaudern.

Aber es kam ja anders, und Van der Bellen schlägt sich jetzt mehr als passabel: In seiner 20-minütigen Rede streift er die großen Herausforderungen der Weltpolitik. Er bedauert die Situation in der Ostukraine, den Krieg in Syrien, er redet einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten das Wort, und erinnert an das angepeilte Atomwaffenverbot der UNO.

Spannend ist, wie Van der Bellen Donald Trumps wiederholte Verbal-Injurien kommentiert. "Angesichts zahlreicher pointierter Aussagen" hoffe er, dass die US-Außenpolitik weiter von "gegenseitigem Respekt" geprägt sei. Trump und "pointiert"? Das klingt doch reichlich schaumgebremst, als Chef der Grünen hätte VdB wohl schärfer formuliert. Aber so ist sie eben, die Diplomatie. Und die meiste Zeit nimmt ohnehin das Händeschütteln in Anspruch.

Jeder der 130 wird gegrüßt, manche haben die Frau mitgebracht. Wie oft er wohl "good to see you" und "nice to meet you" gesagt hat? First Lady Doris Schmidauer jedenfalls genießt das Treffen, das sehen alle. Aber ihr Mann? Als die Gäste weg sind, sammelt der Präsident die Mitarbeiter um sich. Er sagt, er müsse sich an die "Rituale" erst gewöhnen. Doch er stöhnt nicht, nein, er grinst verschmitzt, und sein Lächeln sagt: Das war doch eigentlich ganz unterhaltsam.

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