Experte: "Ohne Reform droht Steuerstreik“

Friedrich Schneider
Die Regierung unterschätze den Groll der Steuerzahler, meint Friedrich Schneider.

Das sieht doch niemand mehr ein, wenn er brutto 50 oder 60 Euro im Monat mehr Lohn bekommt, und dann bleiben zwei Leberkäsesemmeln übrig“, sagt Friedrich Schneider – der Linzer Wirtschaftsprofessor und Steuerexperte warnt im Ö1-Interview davor, den Unmut der Menschen angesichts der kalten Progression, des Hypo-Debakels und des Sparkurses nicht ernst zu nehmen: „Da fühlen sich die Leute, ich sags jetzt einmal höflich, auf den Arm genommen."

"Wir stehen vor der Steuerrebellion"

Eine Steuerentlastung müsse alsbald her, denn ansonsten drohe ein Steuerstreik, meint Schneider. Schon kommendes Jahr müsse die Regierung zur Tat schreiten, nicht erst in zwei oder drei Jahren, wie es die Koalition frühestens plant. "Wir stehen in Österreich, ich sehe das in vielen Gesprächen auf vielen Vorträgen, kurz vor einer Steuerrebellion. Die Leute sagen, mir reicht‘s jetzt, warum soll ich als Normalverdiener die Hälfte von jeder Lohnsteigerung oder noch mehr sofort an den Staat abtreten."

Schneider sieht sogar die große Gefahr, dass aus der Unzufriedenheit ein genereller Steuerstreik wird: "Wir haben mehrere Millionen, die Lohnsteuern zahlen. Wenn mehrere Hunderttausend das nicht machen, wird das sehr schwierig, allein mit Bescheiden das einzutreiben."

Zwei Maßnahmen, zwei Milliarden Euro

Als Alternative schlägt der Uniprofessor Schneider zwei Maßnahmen vor – allein diese würden zwei Milliarden Euro bringen würden: die Kürzung aller staatlichen Subventionen um sieben Prozent und eine schärfere Bekämpfung des Steuerbetrugs. Auch für eine Streichung von Ausnahmeregeln plädiert er, dafür sollten jedoch die Steuertarife sinken – und die kalte Progression abgeschafft werden: "Die Regierung müsste etwas mehr Mut und Tatendrang haben, das Steuersystem endlich zu vereinfachen, dann würde sich eine Steuersenkung locker ausgehen. Da könnte auch die Kalte Progression abgeschafft werden."

Ein anderes Problem sieht auch der Linzer Experte als nicht behebbar an – nämlich den Umstand, dass viele Konzerne ihre Gewinne in andere Länder verschieben würden. Da könne Österreich alleine gar nichts machen, sondern nur die EU, so Schneider. Was die geplante Finanztransaktionssteuer betrifft - Finanzsminister Spindelegger ist deshalb heute in Brüssel - ist Schneider skeptisch: An den schon budgetierten Ertrag von 500 Millionen Euro ab dem Jahr 2016 glaubt er, maximal 400 Millionen sind es in seinen Augen.

Kommentare