Wirecard: Ex-Vorstand Marsalek soll Strache getroffen haben

Marsalek verschwand im Vorfeld des Zusammenbruchs von Wirecard
Während blaue Verbindungen des untergetauchten Managers bekannt werden, kontert die FPÖ mit Vorwürfen gegen die ÖVP. Fragen wirft zudem ein Libyen-Deal auf, aus dem Marsalek Millionen lukriert haben soll.

Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Ende 2017 den mittlerweile untergetauchten Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek zu einem Gespräch getroffen, berichtet Österreich. Der Mitte Dezember 2017 angelobte Vizekanzler empfing Marsalek in seinem Dachgeschossbüro in der Wiener Reichsratstraße. Auch Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus war dabei, er bestätigte das rund einstündige Treffen.

Dieses sei ein "Kennenlerntermin" gewesen, sagte Gudenus. Der damalige Klubobmann hatte Marsalek danach noch vier bis fünf Mal getroffen. Strache soll - dem Vernehmen nach - von dem Wirecard-Vorstand beeindruckt gewesen sein. Er habe gewollt, dass Gudenus "Kontakt hält".

Dass dies der Fall war, legte auch die Auswertung von Gudenus Handy im Zuge der Ibiza-Ermittlungen nahe. Darauf fanden sich laut Medienberichten Chats zwischen dem früheren FPÖ-Politiker und einem angeblichen Mittelsmann, Florian Stermann. Marsalek soll Gudenus über Stermann mit Informationen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) versorgt haben. Der jetzige FPÖ-Chef Norbert Hofer hat diese Vorwürfe zurückgewiesen und beteuert, er kenne Marsalek nicht.

FPÖ: "Schwarzer Faden" zu Wirecard

Von jahrelangen intensiven Beziehungen zwischen der ÖVP und dem zuletzt für Schlagzeilen sorgenden Finanzdienstleister Wirecard sprach gestern, Montag, Christian Hafenecker, FP-Abgeordneter und -Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss. Um davon abzulenken, werfe die ÖVP „Nebelgranaten“, mit denen eine Wirecard-FP-Achse unterstellt werden sollte.

Zu dem von Hafenecker behaupteten „schwarzen Faden“ gehört aus FP-Sicht zunächst Ex-Wirecard-Chef Markus Braun. Dieser war Mitglied der Strategiestabstelle „Think Austria“ im Bundeskanzleramt zur Zeit der Regierung Kurz I (ÖVP-FPÖ). Der von der Unternehmensberaterin Antonella Mei-Pochtler geleitete Thinktank wurde auch unter der Regierung Kurz II (ÖVP-Grüne) weitergeführt – laut Hafenecker habe sich Braun erst Ende Juni aus dem Gremium zurückgezogen.

Und dann ging es bei Hafenecker natürlich noch um Jan Marsalek, den untergetauchten Ex-Vorstand von Wirecard. Von Marsalek sollen an den damaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus heikle Informationen aus dem BVT gegangen sein. Gudenus habe die Nachrichten jedoch nicht weitergeleitet. Als Mittelsmann habe ein Florian Stermann fungiert. Dieser ist auch Generalsekretär der „Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft“, über die Marsalek 2018 versucht haben soll, mit Unterstützung des Verteidigungsministeriums ein „Wiederaufbauprojekt“ für Libyen zu starten.

ÖVP will Sicherheitsrat einberufen

Die ÖVP wies die Vorwürfe der FPÖ zurück. Vizegeneralsekretärin Gaby Schwarz sprach von freiheitlichen Verstrickungen und will das im Nationalen Sicherheitsrat besprechen. Braun sei „kein ÖVP-Mann“, sondern habe „sich auch mit vielen anderen Menschen vernetzt“. Tatsächlich hat Braun nicht nur der ÖVP, sondern früher auch den Neos Spenden zukommen lassen; zudem sei er bei Veranstaltungen der Frau von Ex-SPÖ-Chef Christian Kern aufgetreten.

Zementfabrik-Deal in Libyen

Marsalek, der vor Jahren die Absicht zum Aufbau einer Miliz in Libyen gehabt haben soll, hat der Financial Times zufolge über einen durch die Kontrollbank besicherten Zementfabrik-Deal in Libyen 20 Millionen Euro erhalten. Bis 2015 soll die Libyan Cement Company LCC dem österreichischen Baustoffunternehmen Asamer gehört haben.

Bei den 20 Millionen Euro soll es sich um einen Schuldenerlass gehandelt haben, den so die Financial Times am Wochenende „der österreichische Staat“, also die auf Außenhandelsfinanzierungen spezialisierte Oesterreichische Kontrollbank (OeKB), im Jahr 2017 als Darlehen für LCC gewährt habe. Das Geld sei an den Österreicher Marsalek ausgezahlt worden, geht laut der Zeitung aus Unterlagen der Münchner Beratungsfirma Wieselhuber & Partner hervor, die für das Baustoffunternehmen Asamer gearbeitet habe. Eine „Abschreibung wegen Uneinbringlichkeit“ im Ausmaß von 20,768 Mio. Euro für Libyen scheint auch tatsächlich im Kontrollbank‐Jahresbericht für das Jahr 2017 auf Seite 24 auf.

„Ja, es hat damals einen Schadensfall in Libyen gegeben der ist so wie alle Schadensfälle in verschiedenen Ländern im Geschäftsbericht ersichtlich“, hieß es am Montag aus der OeKB zur APA. Nähere Angaben zu Kundengeschäften oder Schadensfällen dürfe man nicht machen, man unterliege dem Bankgeheimnis, so die OeKB.

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