Verhinderte Wahlreform war gut für SPÖ und FPÖ

Häupl und Strache profitierten
Wäre die Reform gekommen, hätten beide Parteien Mandate verloren. Akkilic-Einzug noch unentschieden.

Hättste, wennste, wärste: Nach einer Wahl sind Konjunktive in Mode. Hätte sich die rot-grüne Wiener Regierung auf die Wahlrechtsreform geeinigt, hätte das nicht nur die SPÖ, sondern auch die FPÖ zwei Mandate gekostet. Die kleineren Parteien wären besser aus der Wien-Wahl ausgestiegen: Die ÖVP mit zwei zusätzlichen Sitzen, Grüne und NEOS mit je einem mehr, ergab eine Mandatssimulation der ARGE Wahlen.

Sie bestätigt einmal mehr, wie mehrheitsfreundlich das Wiener Wahlrecht ist: Stärkere Parteien erhalten wesentlich mehr Mandate als es ihrem Stimmenanteil entspricht: Die SPÖ mit fast 40 und die FPÖ mit 30 Prozent erhalten 44 bzw. 34 der 100 Mandate. Für die Grünen mit 11,84 Prozent bleiben damit nur zehn, für die ÖVP mit 9,24 Prozent sieben und für die NEOS mit 6,16 Prozent fünf Gemeinderatssitze.

Billige Mandate

Der Grund dafür ist, dass die - für große, gute verankerte Parteien leichter zu holenden - Grundmandate in den Wahlkreisen in Wien wesentlich billiger sind als die Restmandate. Dafür hat die SPÖ im Wahlrecht damit gesorgt, dass der "Preis" pro Grundmandat nach dem Hagenbach-Bischoffschen Verfahren berechnet wird: Die Zahl der gültigen Stimmen wird nicht nur durch die Zahl der Mandate, sondern die Zahl der Mandate plus 1 dividiert - und das ganze wird noch durch eine große Zahl von Wahlkreisen (insgesamt 18) verstärkt. Damit wird es für schwache Parteien so gut wie ummöglich, die Grundmandatshürde zu überwinden.

Der Fall Akkilic

Verhinderte Wahlreform war gut für SPÖ und FPÖ
ABD0031_20150327 - WIEN - ÖSTERREICH: Senol Akkilic während der Sitzung im Wiener Landtag am Freitag, 27. März 2015, im Rathaus. - FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER
Die Grünen - und die Oppositionsparteien - wollten diese Ungerechtigkeit eliminieren. Ein Kompromissvorschlag war, die Wahlzahl nicht mehr mit "Mandate plus eins", sondern mit "Mandate plus 0,5" zu berechnen. Mit dieser Variante hätte die SPÖ 42 (statt 44), die FPÖ 32 (statt 34), die Grünen 11 (10), die ÖVP 9 (7) und die NEOS 6 (5) Mandate bekommen, hat die ARGE Wahlen ausgerechnet. Die FPÖ hätte damit auch ihre Sperrminorität im Landtag verloren, für die 34 Sitze nötig sind. Da die Reform nicht zustande kam - auch weil ein Wechsel des Abg. Senol Akkilic auf die SPÖ-Seite einen Beschluss von Grünen, ÖVP und FPÖ verhinderte- hatte der Verlust von 4,75 Prozentpunkten für die ÖVP drastische Auswirkungen: Sie verlor damit alle acht Grundmandate und bekam nur noch teure Restmandate. Die NEOS kamen ebenfalls in keinem Wahlkreis zum Zug. Die Grünen verloren eines der bisher vier Grundmandate. Umgekehrt profitierte die auf 30 Prozent angewachsene FPÖ vom "alten" Wahlrecht: Sie kam stark in den Genuss der "billigen" Grundmandate - mit jetzt 29 statt früher 20. Der SPÖ bescherte ihr Verlust von 4,75 Punkten vier Grundmandate weniger, nämlich nur mehr 38.

Bitter könne die Wahl übrigens gerade für Akkilic ausgehen: Ob der einstige Wiener Grün-Mandatar überhaupt im neuen Gemeinderat vertreten ist, ist noch nicht entschieden - da die Zusammensetzung der SPÖ-Fraktion generell noch offen sei, wie in der Partei auf APA-Anfrage am Mittwoch betont wurde. Akkilic dementierte Social-Media-Gerüchte, wonach er gescheitert sei. Akkilic steht auf Platz 31 der Landesliste. Über diese werden jedoch nur sechs Mandate besetzt. Immerhin 38 Sitze errang die SPÖ über Grundmandate in den Wahlkreisen. Da viele Kandidaten auf mehreren Listen zu finden sind, ist zumindest derzeit noch nicht zu sagen, wer wo welches Mandat annimmt und wer von der Landesliste daher zum Zug kommt.

Dazu kommt, dass die auf den vorderen Listenplätzen der Landesliste gereihten Personen ihr Mandat wohl dankend ablehnen werden - zumindest die meisten. Dort sind nämlich auch die Stadträte sowie Bürgermeister Michael Häupl gelistet. Sie sind als Regierungsmitglieder nicht Teil des Gemeinderats.

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