Riskanter Wahlkampf der Wiener SPÖ

Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler bei der Präsentation
Die Häupl-Partei spricht selbst die brennendsten Probleme an. Die Parteien geben rund 19 Millionen aus.

Keine Versprechen, keine Wohlfühlparolen, kein Bürgermeister – stattdessen Arbeitslosigkeit, Zukunftsängste und zu hohe Mieten: Die Wiener SPÖ startet ihre erste Plakatwelle mit durchaus ungewöhnlichen Slogans. Man thematisiere die Sorgen der Menschen, argumentiert die SPÖ. Doch die Idee polarisiert: Die Reaktionen reichen von „sehr gelungen“ bis zu „Bürgerpflanz“.

Volksnah klingen sie jedenfalls, die Slogans: „Was zählt es, in der besten Stadt der Welt zu leben, wennst an Bamm’l vor der Zukunft hast?“, heißt es etwa. Die Strategie dahinter? „Wien ist toll, dennoch gibt es dieses und jenes Problem. Daher lassen wir die Wiener über ihre Sorgen reden“, erklärt SPÖ-Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler. „Jeder versteht diese Probleme. Ich glaube, wir haben die Themen auf den Punkt gebracht.“

„Richtig, aber riskant“

OGM-Chef und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer bewertet die Kampagne als „auf den ersten Blick richtig“ – wenn auch „sehr riskant“. Richtig deshalb, weil die SPÖ ihre Kernkompetenzen ins Blickfeld rücke, sprich: Arbeit, Mieten und das Auskommen mit dem Einkommen.

Hauptgegner der SPÖ sei schließlich die FPÖ. „Um es etwas martialisch auszudrücken: Vom thematischen Schlachtfeld, das die FPÖ dominiert, kehren sie nun auf das eigene Schlachtfeld zurück“, sagt Bachmayer. „Insofern ist es ein nachvollziehbarer und richtiger Ansatz.“

Freilich sei die Strategie riskant: „In Wien kann man ja beinahe von einer Alleinkompetenz der SPÖ sprechen.“ Der Fingerzeig auf das Problem sei somit ein Fingerzeig auf sich selbst. Entscheidend sei die nächste Plakatwelle: „Es müssen sehr überzeugende Lösungen folgen.“

Luigi Schober von der Werbeagentur Young & Rubicam wiederum betrachtet die Kampagne als sehr gelungen: „Sie packen den Stier bei den Hörnern.“ Die Probleme zu thematisieren, sei ehrlich, und schließlich müsse die SPÖ genau diese Themen für sich beanspruchen. „Sonst kommt der Strache – der Putzerfisch der Proteststimmen. Dabei ist die FPÖ immer nur gegen etwas. Die SPÖ muss zeigen, dass sie diese Probleme lösen kann.“

Kritik der Opposition

Kritisch reagiert naturgemäß die Opposition: „Ich wundere mich über die Plakate. Damit üben sie doch Kritik an sich selbst“, kommentiert Alfred Hoch, Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien. Nachsatz: „Irgendwie klingt das wie von einer Oppositionspartei. Vielleicht bereiten sie sich ja schon darauf vor?“

Besonders scharf schießt die FPÖ: Ein „Bürgerpflanz“ und „ein einziges Schuldeingeständnis“ sei die erste Plakatwelle, ließ Generalsekretär Herbert Kickl verlautbaren. Die „peinliche Plakatserie“, so Kickl, sei der Beweis dafür, dass es sich bei der SPÖ bloß um eine ideenlose Regierungspartei handle.

Wahlkampfkosten

Freilich, es ist Wahlkampf in Wien, und da lässt man kein gutes Haar am Gegner. Rund 19 Millionen lassen sich die Parteien besagten Wahlkampf kosten. 19 Millionen – darum erhält man zirka 1119 VW Golf, mehrere Luxuswohnungen in der Wiener Innenstadt oder einen Stürmer von Atlético Madrid.

Pro Partei dürfen die Wahlwerbungskosten maximal sechs Millionen betragen – an diese Grenze nähern sich aber bloß die Hauptkonkurrenten SPÖ und FPÖ an. Die ÖVP hat für den Wahlkampf drei Millionen budgetiert, die Grünen etwa 2,7 Millionen. Die Neos rechnen mit Ausgaben von 700.000 Euro. Damit finanzieren die Parteien nicht nur Plakate, sondern auch Hausbesuche, Inserate, Flyer oder kleine Geschenke wie Feuerzeuge.

Die SPÖ nimmt die Kritik an ihren Plakaten derweil gelassen. „Ich bin überzeugt, dass wir keinerlei Risiko eingehen“, sagt Niedermühlbichler. Was machen also, bei Bammel vor der Zukunft? „In zwei Wochen kommen unsere nächsten Plakate – und die Antworten werden entsprechend ausfallen.“

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