ÖVP sucht Ausweg aus der Krise

Reinhold Mitterlehner, Peter McDonald: Zwei Oberösterreicher sollen den Schwarzen neuen Schwung bringen.
Wie sich Mitterlehners Partei nach dem Wiener Wahldesaster aus dem Tief manövrieren will.

Zumindest eines kann man ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner nach dem Wahl-Desaster seiner Wiener Partei nicht vorwerfen: Dass er sich mit der Krisen-Bewältigung Zeit lasse. Am Montag, als das endgültige Ergebnis noch nicht einmal fest stand, wurde Mitterlehners Generalsekretär Gernot Blümel zum Wiener Parteichef nominiert; er löst Manfred Juraczka ab. Zwei Tage später bestellte die Bundespartei mit Peter McDonald einen ÖVP-Generalsekretär – und präsentierte ihn am darauffolgenden Morgen.

Tempo machen – so lautet das Credo, dem Mitterlehner dieser Tage folgt. "Ich bin für rasche und qualitativ gute Erledigungen bekannt", sagt er, wohl wissend, dass mit den Rochaden in Wien und in der Parteizentrale noch lange nicht alles geschafft ist.

Gernot Blümel muss die Stadt-Partei von Grund auf erneuern. Sie hat mit 9,2 Prozent das schlechteste Resultat in ihrer Geschichte eingefahren. Der Zuspruch zur Bundespartei ist seit Längerem ebenfalls nicht groß. Auch, weil in der Regierung nicht viel weitergeht. Vor allem Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gilt flüchtlingspolitisch überfordert. Zudem müssen die Schwarzen fürchten, bei der Nationalratswahl 2018 das gleiche Schicksal zu erleiden wie in Wien – bei einem Zweikampf von SPÖ und FPÖ um den ersten Platz außen vor zu sein. Und auch noch mit den Neos um Bürgerliche zu rittern. Was also tun?

Polit-General

"Haltung" ist McDonalds Antwort. "Politik soll sich weniger an Umfragen- und Persönlichkeitswerten, stärker an Grundhaltungen orientieren." Ein reiner Parteimanager wolle er nicht sein. Das will auch Mitterlehner nicht: McDonald werde "ein politischerer Generalsekretär" als Blümel sein. "Als solcher sehe ich es als meine Aufgabe, innerhalb der ÖVP mehr Ideen und Inhalte vorzugeben", sagt McDonald.

Sein Vorvorgänger Hannes Rauch rät der Parteispitze, sich wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch "mitte-rechts" zu positionieren. "Die klassischen Kernfelder wie Leistung sollten verstärkt werden." Und: "Bündisches Denken" sei hintanzustellen, vor allem in Wien: "Die Bünde sind sinnvoll bei entsprechender Stärke. Bei einem Ergebnis von 9,2 Prozent wohl eher nicht." Gesellschaftspolitisch sei ein liberalerer Kurs vonnöten, meint Rauch: "Wir sollten wegkommen davon, dass Familie nur Vater, Mutter, verheiratet und zwei Kinder bedeutet." Davor warnt der oberösterreichische ÖVP-Geschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer: "Das ist ein Holler." Von ihren Werten dürfe die Partei nicht lassen: "Traditionen sind in Konjunktur." Auch wenn es bei der Wien-Wahl für die ÖVP schlecht gelaufen sei – "wir sollten jetzt nicht auf hipp-mega-urban machen. Wir haben auch andere Wähler." Also weitermachen wie bisher? Nein, sagt Hattmannsdorfer: "Den hohen Frust in der ÖVP-Klientel kann man nicht wegleugnen, etwa bei Wirtschaftstreibenden. Die Leute erwarten als Signal von der Partei: ,Wir haben euch verstanden‘." Das werde auch signalisiert: von Finanzminister Hans Jörg Schelling, der "Resultate statt Ankündigungen" einfordere; und vom Parteiobmann, der befunden habe, in der Koalition nicht weiterwurschteln zu wollen. Hattmannsdorfer: "Man muss nun aber den Wahrheitsbeweis antreten."

Punkto Wien werde schon richtig reagiert: "Parteichef in der Bundeshauptstadt zu werden, ist ja keine Belohnung; es gibt nettere Jobs." Dass der bisherige Bundesparteigeneral Blümel die schwarze Wiener Truppe führt, sei "das eindeutige Signal, dass Wien ganz oben auf der Agenda der Bundespartei steht".

ÖVP sucht Ausweg aus der Krise
KURIER: Herr Generalsekretär, Ihr Vorgänger Gernot Blümel hat den Evolutionsprozess, also die Debatte des neuen ÖVP-Programmes, zu einem zentralen Thema gemacht. Was wird Ihr Leuchtturmprojekt?
Peter McDonald:Der Evolutionsprozess ist erst ein Anfang, um die ÖVP zu stärken. Politik ist dann erfolgreich, wenn sie sich weniger an Umfragen- und Persönlichkeitswerten und stärker an Grundhaltungen orientiert. Als politischer Generalsekretär sehe ich es als meine Aufgabe, neue Ideen und Inhalte zu entwickeln und zu vermitteln.

Was lief in Wien falsch? Hier haben die Menschen diesmal offenkundig wenige Gründe gesehen, die ÖVP zu wählen.
Ich verwehre mich dagegen zu sagen: In Wien gibt’s halt keine bürgerlichen Wähler mehr. Graz und andere Städte zeigen, dass wir urbane Wähler ansprechen können. In Wien gibt es ein großes Potenzial an bürgerlich orientierten Menschen, die wirtschaftliche Vernunft und Leistungsorientierung gefördert sehen wollen. Das wurde leider im Wiener Wahlkampf nicht ganz rübergebracht, aber wir haben daraus die Konsequenzen gezogen.

Inwiefern?
Indem wir personelle Änderungen gemacht haben und die Struktur der Partei verändern. Parteien müssen sich weiterentwickeln. Um den Wohlstand zu erhalten, muss sich Österreich weiterentwickeln. Das heißt auch, dass man Unpopuläres anspricht. Aber davor habe ich keine Scheu, ganz im Gegenteil: Ich habe in meinen früheren Jobs bereits gezeigt, dass ich bereit bin, heilige Kühe zu schlachten und heiße Eisen zu schmieden .

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