Wien hilft Athen, Türkei drängt auf EU-Milliarden

Drängeleien bei der Essensausgabe in Idomeni (Griechenland).
Österreich schickt 20 Tonnen Hilfsgüter nach Griechenland. Die EU will, dass Ankara Wirtschaftsflüchtlinge zurücknimmt.

Rund 13.000 Menschen sitzen an der griechisch-türkischen Grenze bei Idomeni fest. Die Zustände in dem Camp, das für 2000 Personen gedacht war, seien „unhaltbar“, warnte am Sonntag ein Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Mazedonien lasse pro Tag nur etwa 250 Menschen einreisen, in Idomeni kämen täglich zehn Mal mehr Flüchtlinge an, eine humanitäre Katastrophe drohe. „Wir dürfen Griechenland nicht alleine lassen“, appellierte auch Grün-Mandatarin Alev Korun, die sich gestern in Idomeni aufhielt.

Nachahmer gesucht

Österreich wird helfen. Das Innenministerium hat angekündigt, Anfang nächster Woche 20 Tonnen an Hilfsgütern nach Griechenland zu bringen – darunter 600 Klappbetten mit Matratzen, 1500 Isomatten, Schlafsäcke etc. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte: „Ich hoffe, viele EU-Mitgliedsstaaten folgen unserem Beispiel.“ Athen hat bekannt gegeben, für die Flüchtlinge ein Gesundheitszentrum zu errichten.


Eine Lösung für die Flüchtlingskrise sind derartige Ankündigungen freilich nicht, nur eine Linderung. Das wissen die Spitzenpolitiker in Europa, die sich heute, Montag, zu einem Gipfel mit dem türkischen Premier Ahmet Davutoglu in Brüssel treffen, Merkel traf Davutoglu schon Sonntagabend. Im Vorfeld gab es Signale, wonach die Türkei vermehrt Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen dürfte. Dabei geht es vor allem um Migranten, die keinen Anspruch auf Asyl haben, sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge. Vergangene Woche hatte die Türkei erstmals mehrere Hundert Menschen aus Athen zurückübernommen.

Der Deutsche Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, sagte, die EU werde im Gegenzug aber nicht darum herumkommen, der Türkei eine bestimmtes Anzahl von Flüchtlingen abzunehmen – solche, die schutzbedürftig sind. Wichtig sei, bald mit einer geregelten Aufnahme zu beginnen.

Die EU fordert von Ankara allerdings auch mehr Anstrengungen beim Kampf gegen Schlepper und bei der Grenzsicherung, um die ungeregelte Einwanderung zu stoppen. Dafür soll es finanzielle Hilfe geben. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel will beim Gipfel klären, für welche Projekte konkret die versprochenen drei Milliarden Euro fließen sollen. Bis dato bekam Ankara keinen Cent.


Unterstützung bekommt die Türkei bereits bei der Grenzüberwachung. Gestern ist der NATO-Einsatz in der Ägäis angelaufen. Die NATO-Schiffe sollen Flüchtlingsboote, die Richtung Griechenland fahren, der türkischen Küstenwache melden, damit diese sie stoppt.
Beim EU-Gipfel soll zudem nochmals signalisiert werden, dass die Zeit des Durchwinkens vorbei sei. Österreich wirft das ja Griechenland vor – und Deutschland wiederum Österreich: Das Berliner Innenministerium hat sagt, Wien würde massenhaft gegen EU-Asylregeln verstoßen, indem man Flüchtlinge unregistriert weiterziehen lasse.


Die Forderung von Österreichs Kanzler, Berlin solle eine Obergrenze aussprechen, wurde verhalten aufgenommen. Dass Faymann via KURIER die Zahl 400.000 ins Spiel brachte, war in fast allen deutschen Medien zu lesen; die Meinung Merkels ändert es aber nicht. Im Berliner Kanzleramt hieß es am Sonntag, dass man wie bisher eine europäische Lösung favorisiere und nationale Alleingänge ablehne.

Balkanroute schließen

Nichtsdestotrotz soll beim EU-Gipfel beschlossen werden, dass die Balkan-Route geschlossen wird. Darauf verwies Außenminister Sebastian Kurz Sonntagabend in der ARD-Talkshow Anne Will, wo er sich vehement gegen Kritik aus Berlin wegen der Grenzkontrollen zur Wehr setzte.

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