Wie sich der Kanzler gegen die "Lehrerin" und den Pinken schlug

Strolz, Lunacek, Kern
In den Kontroversen mit Lunacek und Strolz fand der SPÖ-Chef zur Kanzlerrolle.

Wie würde er die zwei Diskussionen wohl anlegen, der Bundeskanzler?

Als amikale Gespräche – weil er sich mit den Diskussionsgegnern ja ohnehin ganz gut versteht?

Oder doch als Offensiv-Übung – weil er laut Umfragen ja noch immer stabil auf Platz 2 liegt, also dringend aufholen muss?

Montagabend stieg SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern vollends in den Fernseh-Wahlkampf ein. Auf puls 4 stellte er sich erst der Grünen-Chefin Ulrike Lunacek, dann Neos-Boss Matthias Strolz. Und Kern gab, soviel kann man an dieser Stelle verraten, bei beiden Treffen den Kanzler.

Rein inhaltlich waren die drei Sparring-Partner vorab in vielen Belangen auf einer Wellenlänge: Da ist die reformierte Schule, da ist das klare Bekenntnis zur Europäischen Union, und da ist das klare Bekenntnis zur Beseitigung jedweder Diskriminierung.

Doch alle drei, also SPÖ, Grüne und Neos, müssen deutlich zulegen – insbesondere den Grünen droht eine Halbierung (!) im Vergleich zur letzten Wahl.

Schneller Angriff

Vielleicht war das der Grund, warum Lunacek gleich zu Beginn in den Offensiv-Modus wechselte: Ihr Eingangsgeschenk, ein Korb mit Fair-Trade-Produkten, diente als Anker für einen Vorwurf: Wie halten Sie’s mit CETA, Herr Kern? Und kaum hatte der SPÖ-Kanzler den Angriff pariert, versuchte die Grüne nachzusetzen: "Sie haben die Tür zu den Freiheitlichen aufgemacht – das verunsichert viele."

Nach 30 Jahren Distanz zur FPÖ wolle die SPÖ nun mit den Blauen koalieren, um an der Macht zu bleiben, lautete der Vorhalt.

Schon kam die Rede auf Hans Niessl ("Opposition ist Mist") und seinen früheren Bürochef Hans Peter Doskozil. Wer in der SPÖ die Richtung vorgibt und nach dem 15. Oktober das Ruder führt, das war dann auch im Gespräch mit Strolz Thema, aber dazu später mehr.

Bleiben wir noch kurz bei Lunacek: Die Auseinandersetzung mit ihr war in Ton und Themen über weite Strecken eher amikal und streitfrei.

Die Herausforderin hatte freilich, wie OGM-Chef Wolfgang Bachmayer anschließend im KURIER-Gespräch erklärt, einen wesentlichen Nachteil zu stemmen: "Sie vertritt einfach Positionen, die ein Minderheitenprogramm sind – wie beispielsweise das Botschaftsasyl in Afrika."

Frustrierte Lehrerin

Dem nicht genug sei die Spitzenkandidatin der Grünen auf der Gefühlsebene im Nachteil: "Ihr ganzes Auftreten, ihre Gestik und Mimik wirken wie von einer frustrierten Lehrerin in späten Dienstjahren."

Von amikal, entspannt oder gar freundschaftlich war im Duell mit Matthias Strolz im Anschluss jedenfalls recht wenig zu spüren.

Es begann mit dem Begrüßungsgeschenk: Strolz neckte Kern mit roten Flip Flops – der Kanzler halte thematisch leider nicht Linie, er flip-floppe eben.

Und in der Tonart ging es weiter: "Sie sind als Railjet gestartet, dazwischen kamen Baustellen, dann wurde ein Bummelzug daraus, und heute sind Sie im Schienenersatzverkehr angekommen, ohne Plan und Ziel", ätzte Strolz.

Im Unterschied zu Lunacek setzte der Neos-Boss mehrere Pointen bzw. Sager, die im Gedächtnis blieben.

Vizekanzler Doskozil

Einer der schärfsten war wohl dieser: "Wenn man SPÖ wählt, kann man mit einem Vizekanzler Doskozil aufwachen."

Christian Kern? Er tat vermutlich das einzig Richtige: Er bemühte sich um Souveränität und Gelassenheit.

Insbesondere bei wirtschaftsnahen Themen wie etwa der Erbschaftssteuer – die SPÖ will mit ihr das Pflegesystem finanzieren, die Neos wollen darüber vorerst nicht nachdenken – gerieten die beiden trotzdem aneinander.

Und richtig emotional wurde es dann beim Thema der Pflege. Nachdem Christian Kern dem Neos-Chef vorgehalten hatte, er habe den Pflegeregress verhindert, erzählte Strolz mit ernster Miene von Pflege-Schicksalen aus seiner Familie: "Ich kenne das in allen Phasen."

"Der SPÖ-Chef hat bei beiden Diskussionen den Kanzler gegeben", sagt OGM-Chef Bachmayer. "Er war an diesem Abend durchaus in Fahrt."

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