Wie das BZÖ fast das Glücksspielmonopol kippte

Wie das BZÖ fast das Glücksspielmonopol kippte
Lotterien-Chef Stickler wurde zum Thema Glücksspiel befragt. Von der geplanten Gesetzesänderung sei er erst "extrem kurzfristig" informiert worden.

Als Friedrich Stickler am Abend des 11. Juli 2006 Koffer packte, ahnte der Chef der Lotterien nicht, dass ihm einer der schlimmsten Tage seiner Karriere bevorstand.

Stickler wollte am nächsten Tag nach Finnland fliegen – ein Treffen internationaler Lotterien-Unternehmen in Helsinki. An jenem Abend erzählte ihm der Generaldirektor der Casinos Austria, Leo Wallner, am Telefon ein seltsames Gerücht: Im Parlament arbeite jemand an der Aufweichung des Glücksspielmonopols, Genaues wisse er aber nicht.
Stickler war nicht groß besorgt, man könne die Sache ja nach Finnland klären.

Doch am nächsten Morgen war alles anders: Auf dem Weg zum Flughafen rief der Lotterien-Chef den Spitzenkandidaten des BZÖ, Peter Westenthaler, an. Man kannte sich vom Fußball, aus der Bundesliga. Und als Stickler Westenthaler das Wallner-Gerücht erzählte, bekam er eine schockierende Antwort. "Die Kugel ist schon aus dem Lauf, das ist durch. Da brauchst du dich überhaupt nicht mehr bemühen", soll Westenthaler gesagt haben. Die Regierungsparteien BZÖ und ÖVP würden das Glücksspielmonopol in zwei Tagen, am 13. Juli, im Parlament ändern.

"Ich hab’ sofort umgedreht, die Reise abgesagt und bin ins Büro", sagte Stickler gestern im Untersuchungsausschuss. "Es ging ja nicht nur um eine Lizenz für Online-Glücksspiel, sondern um das Ende des Monopols. Das war eine existenzielle Bedrohung."

Den ganzen Tag hätten Wallner und er telefoniert, gewarnt – insbesondere Abgeordnete der ÖVP. "Eine Ende des Monopols hätte weitreichende Folgen gehabt, etwa für das Sportsponsoring", sagte Stickler. Und nachdem die beiden Spitzenmanager kurzfristig eine Front gegen den "Staatsstreich" (Stickler) organisiert hatten, legte sich die ÖVP tatsächlich quer – das Monopol blieb. So weit ist die Geschichte geklärt.

Andere Fragen bleiben bis heute. Zum Beispiel, warum die Casinos Austria wenige Monate später dem BZÖ 300.000 Euro bezahlten.
Wie berichtet, haben die Casinos der BZÖ-eigenen Agentur "Orange" die Summe im Herbst 2006 für ein Gutachten bezahlt, das samt Deckblatt neun Seiten zählt und laut Gutachtern von einem Laien verfasst wurde.

Kurt Lukasek, ein Vertrauter Peter Westenthalers, hat die "Studie" übers Wochenende für Westenthaler geschrieben. Und bisher gab es die Vermutung, die Casinos hätten sich damit Ruhe gekauft: 300.000 Euro, im Gegenzug verzichtet das finanzmarode BZÖ auf Initiativen gegen das Monopol.
Gestern äußerte der Grüne Peter Pilz eine andere, kühne These: die 300.000 Euro seien die Belohnung für Westenthaler gewesen, weil er das BZÖ "verpfiffen" hat.

Was sagte Stickler zu den 300.000 Euro? Immerhin waren es seine Lotterien, die die Summe überweisen durften. Stickler konnte nur so viel sagen: Leo Wallner habe im September 2006 urgiert, man möge endlich 300.000 Euro an die Orangen zahlen.

Er, Stickler, habe aber nicht gewusst, dass die einzige Leistung die "Studie" gewesen sei – "auf der Rechnung stand nur ,Beratungsleistungen", so Stickler. Und bei der Frage, ob die 300.000 Euro in Ordnung gehen, habe er sich auf Wallner verlassen.

Letzterer war gestern in den Ausschuss geladen. Doch da er nicht in der Lage war Fragen zu beantworten, verzichteten die Mandatare auf eine längere Einvernahme.

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