Was steckt hinter Christian Kerns "New Deal"?

Was steckt hinter Christian Kerns "New Deal"?
Der neue Kanzler Christian Kern berief sich in seinem ersten Auftritt auf einen "New Deal" für Österreich. Das Schlagwort stammt aus der US-Politik der 1930er-Jahre.

Von Christian Kerns erster Rede am Dienstag blieb vor allem ein Schlagwort hängen: Ein "New Deal" für Österreich, den Kern der ÖVP vorschlagen will. Es handle sich um ein Vorschlagspaket, dass er mit dem Koalitionspartner diskutieren will. Gemeinsam wolle er "Investitionen ankurbeln" und "mit vernünftigen Mitteln zu mehr Jobs kommen". Das Land soll wieder auf die Spur gebracht werden, um der hohen Arbeitslosigkeit und sinkenden Reallöhnen ein Ende zu bereiten.

Während Kern freilich noch keine konkreten wirtschaftspolitischen Maßnahmen genannt hat, so lässt sich zumindest überprüfen, auf welchem historischen Fundament sein Schlagwort steht.

Roosevelts "New Deal"

Der "New Deal" war eine Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen, die in den Jahren 1933 bis 1938 unter dem US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt durchgesetzt wurden, als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise. Erstmals benutzt wurde der Slogan von Roosevelt im Jahr 1932 im Wahlkampf, im Sinne von: "Die Karten werden neu gemischt". Später wurde daraus das Schlagwort für Roosevelts Wirtschaftskurs.

Die zahlreichen Maßnahmen werden unterteilt in solche, die kurzfristig die Not lindern sollten, in Maßnahmen, welche die Wirtschaft beleben sollten, und in langfristige Maßnahmen. Kurzfristig gab es Hilfen für die zahlreichen Arbeitslosen und Armen, für die Erholung der Wirtschaft wurde ein Umschwung in der Geldpolitik herbeigeführt. LangfristigeReformen betrafenzum Beispiel die Regulierung der Finanzmärkte und die Einführung von Sozialversicherungen.

Wirkung umstritten

Dass der "New Deal" einen Umbruch in der US-Geschichte bedeutete, darüber herrscht Einigkeit. Wie sinnvoll die Maßnahmen waren, ist aber bis heute umstritten. Für viele US-Demokraten gilt er bis heute – und in der Wirtschaftskrise mehr denn je – als Modellfall, wie man eine Wirtschaft aus der Depression holt.
Gigantische Infrastrukturprojekte wie der Bau des Hoover-Staudamms verschafften Millionen Menschen Jobs, die Banken wurden erstmals reguliert, die Idee eines Sozialstaates wurde ins Leben gerufen, auch wenn der zuletzt auf halbem Weg stecken bleiben sollte.

Die Republikaner aber kritisieren am New Deal vor allem die massive Steuererhöhung, die ihn begleitete. Dieses Geld – es waren zu einem Gutteil Steuern auf Konsumgüter – sei vor allem den Kleinverdienern weggenommen worden, habe die private Wirtschaft gelähmt und so langfristig weit mehr Jobs gekostet als gebracht. Der Staatsapparat sei aufgebläht worden und die Staatsschulden seien explodiert.
Eine politische Frontlinie, an der heute, acht Jahrzehnte später, Republikaner und Demokraten verharren – und das starrsinniger und unversöhnlicher denn je.

Zweiter Weltkrieg überdeckte Maßnahmen

Die endgültige Antwort, wie erfolgreich der New Deal tatsächlich war, bleibt die Geschichte schuldig. Die Depression drohte Ende der Dreißigerjahre zurückzukehren. Dann brach der Zweite Weltkrieg an. Die Mobilisierung und eine Rüstungsindustrie in einem nie zuvor auch nur geahnten Ausmaß krempelte den US-Arbeitsmarkt ohnehin von Grund auf um. Eines aber schaffte Roosevelts historisches Programm ohne Zweifel, wie es ein Historiker formuliert: "Es half Amerika, sich durch diese schwarze Zeit durchzuwurschteln – stark genug, um die nächste Herausforderung, die vor ihm lag, anzugehen, den Zweiten Weltkrieg."

Inwieweit Kern bei seinen Wirtschaftsmaßnahmen tatsächlich bestimmte Anleihen am historischen "New Deal" nimmt, wird möglicherweise in seiner Regierungserklärung am Donnerstag ersichtlich.

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