Was diese Regierung noch leisten könnte

Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung von Ende Jänner
Die Neuwahl scheint fix – im Gespräch ist der 24. September. Bis dahin sollen Job-Förderung und Schulautonomie finalisiert werden.

Die Situation ist fordernd, die Dinge in Bewegung. Niemand weiß das besser als Heinz Fischer. Und deshalb sagte der frühere Bundespräsident am Samstag bei einer Festansprache in Meran genau das, als er auf die Innenpolitik zu sprechen kam: Alles schwierig, alles im Fluss.

Die ÖVP braucht einen Parteichef, der aussichtsreichste Kandidat stellt harte Bedingungen.

Wie es ausgeht? Ist offen. Doch auch außerhalb der ÖVP ist vieles unklar. Wird neu gewählt? Wenn ja, wann – und was ist mit den de facto paktierten Projekten der gescheiterten Regierung?

Der KURIER gibt Antworten auf die großen Fragen.

Was genau ist diese Woche eigentlich passiert?

Reinhold Mitterlehner hat seinen Rückzug aus allen Ämtern erklärt. Das bedeutet, dass sich die ÖVP nicht nur einen neuen Parteiobmann suchen muss, sondern auch, dass die Regierung Vizekanzler und Wirtschaftsminister verliert. Die wahrscheinlichsten Kandidaten sind Hans Jörg Schelling als Interims-Vizekanzler und Staatssekretär Harald Mahrer als Interims-Wirtschaftsminister. Ob Sebastian Kurz Parteichef wird, soll sich heute, Sonntag, klären: Am Abend tagt der Parteivorstand.

Wie ist derzeit die Lage in der Regierung?

Gespalten. Die ÖVP plädiert für vorgezogene Nationalratswahlen. SPÖ-Chef Christian Kern fordert demgegenüber, dass der neue ÖVP-Boss vom VP-Vorstand die "Vollmacht erhält, Reformen anzugehen, Politik zu machen". Zusätzlich denkt der rote Kanzler an das so genannte freie Spiel der Kräfte im Parlament, also an wechselnde Mehrheiten (mit Grünen, Blauen, Neos) bei Sachthemen. Kern am Samstag zum KURIER: "Von einer Minderheitsregierung hat bei uns niemand gesprochen. Aber es gibt einzelne Projekte, bei denen es sich lohnt weiterzumachen und für die sich im Parlament Mehrheiten finden. Das kann von einer Verschlankung der staatlichen Strukturen bis hin zu Teilen der Bildungsreform gehen."

Ist das von Kern ins Spiel gebrachte freie Spiel der Kräfte realistisch?

Nein. Zum einen spricht die Tradition gegen dieses Experiment. Bislang haben gescheiterte Regierungen vereinbart, dass bis zur Neu-Konstituierung des Nationalrats kein freies Spiel der Kräfte gilt – vor allem, um die Budget-Disziplin zu wahren. Das Problem des völlig freien Stimmverhaltens: Wenn einzelne Abgeordnete zu allen Maßnahmen, die sie für gut halten, Ja sagen und gleichzeitig niemand die Kosten im Auge hat, werden Wunsch-Pakete verabschiedet, die das Budget enorm belasten. So geschehen 2008, als beim freien Spiel der Kräfte an einem Tag Maßnahmen um drei Milliarden Euro beschlossen wurden.

Ist die vorgezogene Nationalratswahl im Herbst 2017 noch abwendbar?

Nein. Allen Beteiligten ist klar, dass eine Nationalratswahl im Herbst, naheliegend ist der 24. September, unumgänglich ist. Dem Vernehmen nach hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen den wesentlichen Akteuren in Einzel-Gesprächen klar gemacht, dass er eine Regierung, der die stabile Mehrheit im Parlament fehlt, nicht unterstützt.

Heißt das im Gegenzug, dass alle Projekte, die die Regierung noch vor hatte, politisch gestorben sind?

Nein. Der Nationalrat bleibt beschlussfähig, und zwar durchgehend bis zur Neu-Konstituierung. Weitgehend fertige Projekte dürften daher noch beschlossen werden. Das haben SPÖ-Chef Kern und VP-Regierungskoordinator Mahrer bestätigt. Beispiel Beschäftigungsbonus: Die Förderung soll mit 1. Juli starten und die Unternehmen mit zwei Milliarden Euro entlasten – daran wird festgehalten, heißt es in SPÖ und ÖVP. Auch bei der Schulautonomie-Reform hat Mahrer signalisiert, dass man diese gemeinsam beschließen könnte. Kein Grünes Licht gibt es beim bis zuletzt umstrittenen Projekt "Kalte Progression". Flexible Arbeitszeiten und einen Mindestlohn von 1500 Euro können die Sozialpartner umsetzen. Dafür braucht es die Regierung nicht.

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