Tickt die Uhr für Werner Faymann?

Faymann mit Mitterlehner (VP) und Doskozil (re.) vor der Hofburg
Die Forderungen aus den Ländern nach vorgezogenem SPÖ-Parteitag und persönlichen Konsequenzen werden immer lauter.

Am Montag hat die Welt des Werner Faymann noch eine Spur besser ausgesehen; trotz des katastrophalen Abschneidens von Rudolf Hundstorfer bei der Hofburg-Wahl. Beim eilig einberufenen Partei-Präsidium holte sich Faymann einen Treueschwur der Genossen. Aber der Schwur hielt nicht lange.

Unmut in den Ländern

Zwar will einer der Mächtigsten in der SPÖ, Wiens Bürgermeister Michael Häupl, Faymann dem Vernehmen nach noch nicht ablösen; aber immer mehr andere. Zunächst meldeten sich ehemalige SP-Granden wie Brigitte Ederer und Ferdinand Lacina (im KURIER) mit Rücktrittsfordungen an Faymann. Nun werden auch aus mehreren Bundesländern Forderungen nach schnellerem und konsequenterem Handeln laut.

Der steirische SPÖ-Landeschef Michael Schickhofer forderte, "ein Team in größtmöglicher Breite einzusetzen, um den SPÖ-Bundesparteitag vorzubereiten". Auch der Termin im November könne kein Tabu sein, legte Schickhofer nach: "Die Diskussion ist jetzt personell, strukturell und inhaltlich ohne Tabus zu führen - ob man will oder nicht. Der Termin für den Parteitag muss sich zuallererst an den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Mitglieder orientieren. Deswegen kann und darf ein Termin im Rahmen dieser Debatte nicht in Stein gemeißelt sein".

Faymann hatte ein Vorziehen am Montag ausgeschlossen und betont, der Parteitag werde im Herbst stattfinden. Die Diskussion über einen Termin noch vor dem Sommer lasse sich aber gar nicht mehr aufhalten, befindet der Salzburger Landesvorsitzende Walter Steidl. "Die Debatte ist losgetreten." Steidl sprach sich am Mittwoch ebenso für einen vorgezogenen Parteitag aus wie die frühere SP-Staatssekretärin Ederer, die sich im Ö1-"Mittagsjournal" erneut zu Wort meldete. Sie plädierte für einen Sonderparteitag "noch vor dem Sommer".

Auch aus dem Burgenland und aus Tirol kommen deutliche Worte. Während der burgenländische SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich relativ unverbindlich blieb und von einer "inhaltlichen und personellen Neuaufstellung" spätestens nach der Stichwahl am 22. Mai sprach, forderte Innsbrucks SPÖ-Stadtparteivorsitzender Helmut Buchacher, ebenfalls in der Presse, ausdrücklich den Rücktritt Faymanns mit dem nächsten Parteitag. Dies wäre die minimale Konsequenz nach der Schlappe bei der Hofburgwahl gewesen, sagte Buchacher.

Bundes-SPÖ bleibt bei Herbsttermin

Die Bundes-SPÖ will weiterhin am Herbsttermin festhalten. Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid verkündete per Aussendung, man werde "dem Parteivorstand vorschlagen, den Parteitag von 11. bis 13. November abzuhalten" und beruft sich auf die Rücksprache mit allen neun SPÖ-Landesorganisationen. Eine Abweichung vom geplanten Herbst-Termin wäre für den Bundesgeschäftsführer "nicht besonders sinnvoll", wie er unter Verweis auf das geplante neue Grundsatzprogramm und den laufenden Prozess zu "Organisationsentwicklung und strukturellen Veränderungen" meinte.

Auch einige rote Landesparteien sprachen sich gegen einen früheren Termin aus. "Was soll das Vorziehen des Bundesparteitages bringen? Was wir jetzt brauchen ist Stabilität", sagte Oberösterreichs Landeschef Johann Kalliauer. Auch für Tirols Ingo Mayr ist der reguläre Termin "ausreichend". Vorarlbergs Landesvorsitzender Michael Ritsch hält ebenfalls nichts vom Vorziehen: "Der einzige Grund dafür wäre, wenn es im Herbst Neuwahlen gäbe."

Der niederösterreichische SPÖ-Landesgeschäftsführer Robert Laimer sagte: "Personaldiskussionen werden wir nicht über die Medien bzw. die Öffentlichkeit führen und einfordern, weil wir finden, dass diese Vorgehensweise der SPÖ insgesamt schadet."

Swoboda für Gegenkandidaten am Parteitag

Diese Personaldiskussionen sind aber schon längst im Gange. Der ehemalige EU-Abgeordnete Hannes Swoboda sagt im Gespräch mit dem KURIER, dass sich die SPÖ entscheiden muss: Entweder ein Anhängsel der FPÖ zu werden, "was nicht zu einem Wachstum der Partei führen wird", oder einen eigenständigen Weg zu gehen. Für ihn sei nur die zweite Option ein gangbarer Weg. Nach dieser Diskussion müsse man innerhalb der Partei über Personen entscheiden, die diese Linie dann vertreten und sich durch Führungsqualitäten auszeichnen, um "die Attraktivität der SPÖ" zu steigern. Einen vorgezogenen Parteitag hält er nicht für notwendig, aber er würde es "begrüßen, wenn am Parteitag mehrere Kandidaten zur Wahl stünden", über die demokratisch abgestimmt wird. Swoboda weiter: "Es muss ja nicht unbedingt zu einer Kampfabstimmung kommen, aber 1967 hat diese mit Bruno Kreisky den besten Kandidaten hervorgebracht."

"Testwahl" der Wiener Rebellen

In Wien haben die Parteirebellen die Debatte um ein neues Parteitags-Procedere mit Aktionismus befeuert. Die "Sektion 8" fordert, dass der Vorsitzende künftig von allen Mitgliedern direkt gewählt werden kann. Um Feuer in die Debatte zu bringen, startet der SPÖ-Thinktank nun eine "Testwahl". Hintergrund des Vorstoßes ist unter anderem, dass Faymann beim Bundesparteitag als Vorsitzender nur vor den Delegierten zur Wiederwahl antritt. Einen Gegenkandidaten sieht das Prozedere traditionell nicht vor.

Tickt die Uhr für Werner Faymann?
Die "Vorsitzwahl2016" der "Sektion 8" im Internet
Auf der Plattformwww.vorsitzwahl2016.atlässt die "Sektion 8" fünf namhafte Sozialdemokraten gegen Faymann um den Posten des Parteivorsitzes antreten - allerdings ohne deren dezidiertes Einverständnis. Zur (fiktiven) Wahl stehen Personen, die sich in letzter Zeit mehrheitlich kritisch zum Zustand der Partei geäußert haben: der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, Brigitte Ederer, die Wiener Sozialstadträtin Sonja Wehsely, lautstarke Kritikerin von Faymanns Flüchtlingskurs, und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, der als erster die Vorverlegung des Bundesparteitags ins Spiel gebracht hatte. Komplettiert wird die Kandidatenliste von ÖBB-Chef Christian Kern, der immer wieder als möglicher Ablösekandidat an der Parteispitze genannt wird. "Titelverteidiger" Faymann selbst findet sich auch auf dem Stimmzettel.

Ungemach am 1. Mai

Die Debatte um den Bundesparteitag ist also bereits im Gang. Bereits für den 1. Mai, wenn der traditionelle Wiener Parteiaufmarsch stattfindent, macht sich Faymann auf Ungemach gefasst. Gegenüber er Kleinen Zeitung sagte er: "Es wird nicht einfach. Es werden ein paar dabei sein, die schlimme Sachen auf Transparente schreiben und ich werde mir denken: Es ist falsch". Irgendwann wird der rote Parteichef die schlimmen Sachen nicht mehr so einfach wegschieben können.

Der 1.Mai könnte zum Spießrutenlauf für die SPÖ-Führung werden, kommentiert Helmut Brandstätter im VIDEO.

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