Strolz zu Kern: "Sie setzen auf Klassenkampfreflexe"
Zwei Konfrontationen innerhalb von nur vier Tagen. Wie legt man das rhetorisch an? Welche inhaltliche Schwerpunkte setzt man da, ohne den Polit-Interessierten zu langweilen?
SPÖ-Kanzler Christian Kern und Neos-Chef Matthias Strolz standen vor dieser Aufgabe. Am Montag trafen sie im Puls4 TV-Duell aufeinander, gestern gab es das Dacapo im ORF (übrigens das erste aus dem ORF-Zentrum mit Moderatorin Claudia Reiterer in diesem Wahlkampf). Das Rot-pinke Duo löste die Situation so: Beim Debüt am Montag energiegeladen mit vielen Pointen und emotionalen Wortgefechten. Mehrmals gerieten die beiden aneinander. Gestern war alles anders.
Ja, man achtete natürlich auf die inhaltliche Abgrenzung. Ja, Matthias Strolz lieferte die eine oder andere Provokation in Richtung des SPÖ-Kanzlers.
Das war es dann auch schon an Stichelei beim zweiten Duell. Insgesamt gaben sich Kern und Strolz deutlich amikaler. Auffallend bei Kern war, dass er es anfangs verweigerte Strolz anzuschauen. Erst als Claudia Reiterer ihn dazu aufforderte, schaute der Kanzler Strolz bei der Replik auch in die Augen.
"Ich bin kein Ideologe"
Auch wenn Kern laut dem Silberstein-Psychogramm, das ein Mitarbeiter Gusenbauers geschrieben haben soll, ein „Glaskinn“ nachgesagt wird, bei den TV-Konfrontationen hat der Kanzler sich allemal im Griff. Ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, ist für den politischen Gegner Schwerstarbeit. Bei den Zahlen ist Kern sattelfest wie kaum ein anderer Spitzenkandidat. Kern meinte im ORF-Duell mit Strolz zwar, dass er „kein Ideologe sei“, die Ziele von Neos und SPÖ sind zwar in einigen Punkten ähnlich, die Lösungsvorschläge allerdings präsentieren sich sehr diametral. Das wurde in der TV-Konfrontation mehrfach sichtbar.
Taferl bei SPÖ-Miete
Etwa bei der Abschaffung der Kalten Progression. Beide Parteichefs machen sich dafür stark. Kern jedoch will alle zwei bis drei Jahre oder ab fünf Prozent Inflation eine Steuerreform in Höhe von etwa einer Milliarde Euro vorlegen. Die Neos fordern den Inflationsausgleich für alle Einkommensgruppen.
Als Kern sich als Robin Hood der Mieter präsentieren wollte, packte Strolz ein Taferl aus. Es zeigte einen Vergleich, wie viel die SPÖ für Büroflächen in der Parteizentrale in der Wiener Innenstadt zahlt und wie viel Studenten für eine Wohnung in der selben Lage zahlen würden. Die SPÖ kommt auf 4,72 Euro pro Quadratmeter, ein Student auf knapp 20 Euro. Kern wischte dieses unangenehme Detail vom Tisch, indem er zwar zugab, dass "der Quadratmeterpreis ein Problem sein, aber vom eigentlichen Thema ablenke."
Ein Wunsch ans Christkind scheint vor allem die von Kern geforderte Erbschaftssteuer zu sein. ÖVP und FPÖ sind sowieso dagegen, auch die Neos lehnen diese Art von Kapitalsteuer ab. Strolz hielt dagegen: "Sie haben schon eine Erbschaftssteuer light eingeführt."
Kommentare