Strolz und Kurz: Zwei Gegner aus demselben Stall

Strolz und Kurz: Zwei Gegner aus demselben Stall
Der ÖVP-Listenführer und der Neos-Chef haben mehr gemeinsam als sie zugeben.

Wer die Neos als Partei derer empfindet, die sich von der ÖVP enttäuscht abgewendet haben, wurde am Montagvormittag in einem hippen Wiener Innenstadtcafé darin bestärkt: Mit Heinrich Neisser, einstmals schwarzer Minister und Zweiter Nationalratspräsident, trat ein ÖVP-Grande öffentlichkeitswirksam an der Seite von Neos-Chef Matthias Strolz auf – auch um seiner Partei auszurichten, dass sie sich zusehends in eine falsche Richtung entwickle.

>>> Hier gehts zum Ticker des heutigen Duells zwischen Kurz und Strolz bzw. Ulrike Lunacek

Fünf Jahre nach der Gründung und am Tag der direkten TV-Konfrontation mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz steckt diese Grundhaltung immer noch in der Partei, das zeigt allein die Vergangenheit der Spitze der Oppositionspartei: Strolz etwa machte seine ersten Schritte in der Politik als ÖH-Vorsitzender auf einem Ticket der ÖVP-nahen "Aktionsgemeinschaft", war parlamentarischer Mitarbeiter des nunmehrigen Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf und dockte an den ÖVP-Wirtschaftsbund an. Wiens Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger hingegen arbeitete für die schwarze Staatssekretärin Christine Marek, Generalsekretär Nikola Donig verdiente sein Geld als Sprecher der ÖVP-Spitzenpolitiker Wolfgang Schüssel und Johannes Hahn und Wilhelm Molterer.

Strolz war zudem der erste Rhetorik-Trainer von Kurz: Als der ÖVP-Chef noch im Gymnasium war, besuchte dieser als einer von vielen Jungschwarzen zwei von Strolz geleitete Kommunikationsseminare aan der Politischen Akademie der ÖVP. Talentiert sei Kurz gewesen – mehr verrät Strolz, der der ÖVP aufgrund mangelnder Reformfreudigkeit den Rücken kehrte, nicht darüber. Kurz spricht indes gar nicht über die Lehren aus der Strolz-Schule.

Im Puls4-Duell wollte Strolz seinem einstigen Schüler nun gehörig auf die Zehen steigen: "Wir wollen hinter die Fassade schauen und ihm auf den Zahn fühlen, wo überall noch die alte ÖVP dahintersteckt", kündigte eine pinke Parteisprecherin als Stoßrichtung für das TV-Duell an. Als gute Freunde gelten Kurz und Strolz nicht unbedingt, auch in Teilen der Neos-Führungsriege der Pinken ist man vom Außenminister nicht sonderlich angetan: "Es gibt bei uns einige, die mit seiner Politik gar nicht mehr mitkönnen", erklärt ein Neos-Politiker, der nicht genannt werden möchte. Zu weit sei man in Sachen Sicherheit und Grundrechte voneinander entfernt.

Daher hielt sich auch die Begeisterung über die vor rund einem Jahr von Kurz und Strolz geführten (und gescheiterten) Gespräche für eine gemeinsame Wahlplattform in Grenzen, heißt es in Neos-Kreisen. Auf die schwarz-pinken Verhandlungen angesprochen richtete Strolz dem ÖVP-Chef am Sonntag via ORF wenig freundlich aus, dass dieser zwar viele Talente habe, "irgendwas mit ihm aber nicht stimmt". Trotz aller Entfremdung wollen die Neos die Tür zur ÖVP nicht zuschlagen: Der Zirkel rund um Strolz würde nach wie vor gerne mit der ÖVP koalieren. Die Wunschvariante des pinken Chefs: Schwarz-Grün-Neos.

Kommentare