OLG-Präsident zu Angriffen auf Justiz: "Orbán macht es vor"

Klaus Schröder, Präsident des OLG Innsbruck, übt scharfe Kritik
Klaus Schröder ortet einen "Fehltritt des Herrn Kurz" und "politisch motivierte" Attacken auf die Justiz.

Dienstagabend im ORF-Report: Befragt zur Eurofighter-Causa, nimmt ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz einmal mehr die Justiz ins Visier und fordert erneut schnellere Verfahren. Klaus Schröder, Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Innsbruck, bezog am Mittwoch in einem Gespräch mit Journalisten klar Stellung zu solchen Angriffen.

"Ich glaube, dass sie vordergründig politisch motiviert sind", so Schröder. Er ortet dahinter "Taktik". Es gehe darum, ein Bild der Justiz zu zeichen, wonach diese "faul, langsam und korruptions- oder einflussanfällig" sei. Dadurch soll des Ansehen der Justiz erschüttert werden, um Voraussetzungen für Änderungen im Justizsystem zu schaffen, "die politisch genehm sind".

"Wir sind nicht politisch steuerbar"

Das sei eine Entwicklung, die man auch in anderen europäischen Ländern beobachten könne: "Orbán macht es vor. In Polen wird es exzessiv betrieben", nannte Schröder drastische Beispiele und stellte klar: "Wir sind nicht politisch steuerbar."

Umso kritischer beurteilt Schröder in diesem Zusammenhang das Treffen von Sektionschef Christian Pilnacek mit zwei Beschuldigten in der Casinos-Causa, den Aufsichtsräten Walter Rothensteiner und Josef Pröll. "Ich bin todunglücklich über diesen Vorgang. Das geht überhaupt nicht", meinte er.

Ausgelöst hatte die Debatte um die Unabhängigkeit der Justiz freilich Bundeskanzler Kurz, als er im Rahmen eines Hintergrundgesprächs vor rund einem Monat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kritisierte.

Es folgte eine Aussprache im Bundeskanzleramt mit Standesvertretern der Staatsanwälte, an der neben Kurz auch die grüne Justizministerin Alma Zadić und Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (VP) teilnahmen. Ein Ergebnis dieses Treffens: Die notorisch unterfinanzierte Justiz soll mehr Geld bekommen.

"Vor dem Fehltritt des Herrn Kurz waren von Seiten des Finanzministeriums weitere Kürzungen angedacht", berichtet der OLG-Präsident. "Ich bin schockiert, dass man dort trotz des Jabloner-Berichts und der öffentlichen Diskussion über den schleichenden Tod der Justiz kein Verständnis gezeigt hat."

Übergangsminister Clemens Jabloner hatte Ende vergangenen Jahres erklärt, dass die Justiz heuer 90,6 Millionen Euro mehr brauchen würde. Und zwar nur, um den Status quo aufrecht erhalten zu können - also "damit  der Betrieb nicht stehen bleibt".

"Wir pfeifen aus dem letzten Loch", lautet auch der Befunde des OLG-Präsidenten Schröder. In seinem Sprengel, zu dem Tirol und Vorarlberg, gehören, müsste das Budget von 102 Millionen Euro um 15 bis 20 Millionen Euro erhöht werden, um die Situation zu verbessern.

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