Plan K: Lösungen statt Ego-Schaukampf

 
Was die Wähler wirklich wollen: Sicher keine Show der Spitzenkandidaten um die flottesten Sprüche, die besten Schlagzeilen oder die feschesten Anzüge. Was sie sicher wollen, sind endlich Antworten auf die vielen drängenden Fragen der Zukunft.

Der Wahlkampf dauert gefühlt seit Jahren und besteht hauptsächlich aus gegenseitigen Vorwürfen der Regierungsmitglieder. Früher einmal waren die Parteisekretariate dafür zuständig, aber auf die hört niemand mehr, also wurde der tägliche Grabenkampf in die Bundesregierung verlagert. Die Ankunft beim Ministerrat bietet da jeden Dienstag eine herrliche Bühne für den kleinen Untergriff. Was ist uns erinnerlich? Die Obergrenze für Asylwerber? Alles andere sei "homöopathisch", so die ÖVP. "Verfassungswidrig", konterte die SPÖ. Davor und auch danach wurde über Obergrenzen bei der Zuwanderung gestritten, und über das Grenzregime. "Ein "Türl mit Seitenteilen" erfand der damalige Bundeskanzler Werner Faymann für die durchlässige Grenze.

Nach dem Antritt von Bundeskanzler Christian Kern wurde es noch gehässiger. Weil er eigentlich bald Neuwahlen wollte, sagen die Schwarzen. "Nein", entgegnen die Roten, die ÖVP ist schuld, weil man Kern keinen Erfolg gönnen wollte.

Der – was den Zeitpunkt betrifft – überraschende Rücktritt von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sorgte wenigstens für Klarheit. Der logische, nein, einzig denkbare Nachfolger Sebastian Kurz wollte weder Vizekanzler noch sonst irgendwie mit der Regierung identifiziert werden, der er seit 2013 angehört, und sprach sich klar für Neuwahlen aus.

Untere Schublade

Dass das Niveau der Debatte durch die Einigung auf einen Wahltermin gehoben würde, hat ohnehin niemand erwartet. Aber schlimmer geht immer. Die ÖVP hat Kern als Kommunisten gezeichnet, so skurril, dass sich die SPÖ mit T-Shirts darüber lustig machte. Ein Revanchefoul kam dennoch: Die SPÖ warf dem jungen Schwarzen, der in Umfragen für seine Partei Höhen erreicht hat, die ihm eigentlich Sorgen machen müssten, vor, er werde Armut über das Land bringen. Dafür wurde ein Video gebastelt, das in Stil und Duktus an "negative campaigning" à la USA erinnert.

"Vollholler" überall.

Bildung!!!

Aber was haben die Österreicherinnen und Österreicher davon? Und von all den Grauslichkeiten, die in den nächsten Monaten bis zum Wahltag am 15. Oktober noch auf uns zukommen werden? Das alles bringt weder Arbeitsplätze noch Konzepte für eine globale Wirtschaft, die mitten in Umbrüchen steht, die noch niemand in der vollen Tragweite einschätzen kann.

Dort setzen wir an: Mit dem Plan K – wie KURIER – den wir als Redaktion gemeinsam mit den Leserinnen und Lesern entwickeln wollen. Immerhin ist es uns gelungen, mit einer ständigen, für die Regierung lästigen, Berichterstattung über Missstände in den Schulen das Thema präsent zu halten. Die nun beschlossene Reform ist nur ein kleiner Schritt, es muss endlich um Lerninhalte gehen.

Bildung ist nur ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen werden, wo wir die Leserinnen und Leser um ihre Ideen und Vorschläge bitten werden.

Darüber hinaus wollen wir versuchen, grundsätzliche Fragen unseres Wirtschaftssystems zu klären. Vergessen wir nicht, dass SPÖ und ÖVP Nachfolgeorganisationen von Parteien sind, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden. Als Reaktion auf die rasche Industrialisierung und die damit verbundene soziale Frage.

Von Marx zur IT

Jetzt leben wir im Zeitalter der Digitalisierung, mit ganz anderen Mechanismen und Konsequenzen. Trotzdem liest sich das Grundsatzprogramm der SJ, der sozialistischen Jugend – man glaubt es kaum – wie ein Uni-Seminar über Karl Marx in den 1960er-Jahren, mit Betrachtungen über den "Verkauf der Arbeitskraft" und den "Mehrwert für den Kapitalisten". Was soll ein Jungunternehmer, dessen Kapital sein Hirn und sein Computer sind, damit anfangen?

Wir wollen nicht unfair sein. Das aktuelle Programm der SPÖ, Jahrgang 1998, klingt realistischer, aber wie die angeführten Grundwerte Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität in der globalen Welt gelebt werden können, wird nicht erklärt. Ebenso wenig wie das geforderte "Solidarische Miteinander der Generationen" funktionieren soll, wenn immer mehr Junge nicht an das Pensionssystem glauben.

Das ÖVP-Programm aus dem Jahr 2015 spricht von der "Würde des Menschen" und einem christlichen Weltbild. Wo es aber konkret wird, werden die Mängel klar: So soll die "Neuverschuldung des Staates nachhaltig gestoppt werden." Wahr ist aber: Die permanente Neuverschuldung hält an, trotz leicht rückläufiger Gesamtverschuldung.

Dafür verheißt die ÖVP, "Wohnungseigentum für junge Menschen" fördern zu wollen. Wer in einer Großstadt lebt, kann da nur lachen – oder heulen.

Mit Parteiprogrammen wird auch die nächste Regierung Bürokratieabbau, Bildungsreform und die Umstellung der Wirtschaft auf die Digitalisierung nicht schaffen, mit den alten Ideologien und einer Anbiederung an die FPÖ, die bei beiden Regierungsparteien zu beobachten ist, auch nicht. Wir vertrauen auf die Ideen der KURIER-Leserinnen und Leser und werden von der Politik konkrete Antworten einfordern.

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