Sebastian Kurz: Das erste große Interview nach der Wahl

Sebastian Kurz: Das erste große Interview nach der Wahl
Das erste große Interview mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz nach der Wahl auf SchauTV und kurier.at: Der ÖVP-Chef spricht unter anderem über seinen Weg zu einer neuen Bundesregierung und eine mögliche rot-blaue Koalition.

Hochbetrieb auf dem Ballhausplatz. Die Bundesregierung begab sich vom Kanzleramt in die Hofburg, um dem Bundespräsidenten ihren Rücktritt anzubieten. Alexander Van der Bellen nahm die Demissionierung an und betraute die Regierung gleichzeitig mit der Fortführung der Amtsgeschäfte, bis es eine neue Regierung gibt. Anschließend empfing Van der Bellen ÖVP-Chef Sebastian Kurz zu einem ersten Sondierungsgespräch.

Am Dienstag am Abend trat der ÖVP-Vorstand zu Beratungen zusammen.

Dem KURIER und Schau TV gab Sebastian Kurz sein erstes Interview nach dem Wahlsieg der ÖVP.

KURIER: Herr Bundesminister, was können Sie über die Atmosphäre beim Bundespräsidenten berichten?

Sebastian Kurz: Ich habe ein sehr gutes Gespräch mit dem Herrn Bundespräsidenten gehabt. Er hat mir gratuliert, wir haben das Wahlergebnis und das eine oder andere inhaltliche Thema besprochen. Ich habe das Gespräch als sehr positiv empfunden, ich hoffe, er auch.

Europa ist dem Bundespräsidenten ein großes Anliegen, da sind Auflagen für die Regierung zu erwarten.

Die nächste Bundesregierung, ganz gleich, wer sie bildet, muss pro-europäisch sein, weil Österreich in Europa aktiv mitarbeiten muss, gerade wenn wir wollen, dass sich etwas verändert. Eine pro-europäische Haltung war, wenn man so möchte, die einzige Koalitionsbedingung, die ich im Wahlkampf genannt habe.

Die FPÖ besteht auf sehr starken plebiszitären Elementen und eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft.

Sowohl die FPÖ als auch die ÖVP sehen grundsätzlich direktdemokratische Instrumente positiv und wollen diese ausbauen, aber selbstverständlich in einem ordentlichen Rahmen. Eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft Österreichs lehne ich persönlich ab.

Es gibt jetzt eine rot-blaue Option. Nehmen Sie sie ernst?

Ich beschäftige mich damit nicht groß. Es gibt einen klaren Wahlsieger, wir haben sieben Prozentpunkte zugelegt, sind mit über 30 Prozent die stärkste Kraft. Und es gibt einen zweiten Wahlsieger, das ist die FPÖ, die auch ein deutliches Plus gemacht hat. Jetzt läuft die Phase nach der Wahl nach klaren Regeln ab. Heute hat mich der Bundespräsident als Vertreter der stärksten Partei zu einem ersten Gespräch eingeladen, er wird auch Gespräche mit allen anderen Parteien führen. Am Donnerstag wird das Endergebnis der Wahl vorliegen, und ich gehe davon aus, dass er danach den Regierungsbildungsauftrag erteilen wird. Wenn er ihn mir gibt, dann werde ich mit allen Parteien Gespräche führen und versuchen, Gemeinsamkeiten auszuloten.

Schwarz-Blau hätte mit den Neos eine Verfassungsmehrheit. Da denkt man an Pflichtmitgliedschaft in den Kammern und die Selbstverwaltung der Sozialversicherung. Sie könnten grundsätzliche Veränderungen in Österreich herbeiführen.

Ich will dieses Thema nicht auf die Kammern fokussieren. Grundsätzlich ist es gut, dass sich hier Konstellationen ergeben, im übrigen auch mit der Sozialdemokratie, dass man leichter zu Zweidrittelmehrheiten kommen kann. Mir ist wichtig, Veränderungen in Österreich einzuleiten, weil es das ist, was die Wählerinnen und Wähler erwarten. Das haben sie auch gewählt. Und ja, ich werde auch mit den Neos darüber sprechen, wie man Veränderungen auf den Boden bringen kann.

Auch bei den Kammern? Oder indem man die Parteien aus der Schulverwaltung entfernt?

Wir werden über all das sprechen, aber es gibt noch ganz andere Themen, die auch sehr wichtig sind. Ich habe mir das intensiv überlegt. Wir müssen die Steuerlast reduzieren, das Sozialsystem treffsicherer machen und die illegale Migration stoppen.

Sind Sie auch dafür, keine Schulden mehr zu machen? Wird Ihr erstes Budget ein Null-Defizit bringen?

Wir haben das Ziel, eine Schuldenbremse in der Verfassung einzuführen. Sofort keine Neuverschuldung mehr zu machen, das wäre schön, geht aber nicht von heute auf morgen. Das wird einige Jahre brauchen, aber das Ziel ist klar, und wir werden die Trendwende einleiten.

Werden Sie die Mehrwertsteuer erhöhen, wie das Professor Bernhard Felderer vorschlägt?

Nein. Da stand auch nie in meinem Wahlprogramm.

Migration war im Wahlkampf ein großes Thema. Was werden Sie gegen Fremdenfeindlichkeit machen? Fremdenfeindlichkeit passt ja nicht zu Österreich.

Viele österreichische Staatsbürger mit Migrationshintergrund haben mich gewählt, weil auch sie keine illegale Zuwanderung wollen, und weil sie wollen, dass hier Ordnung und Sicherheit herrscht. Migration darf nicht ungesteuert vor sich gehen. Doch Hetze und Fremdenfeindlichkeit haben keinen Platz in Österreich und in Europa.

Was können Sie gegen Antisemitismus tun, den es auch in der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft und immer wieder auch in der FPÖ gab und gibt?

Da gibt es keine Toleranz, auch nicht gegenüber der Aktionsgemeinschaft. Wir dürfen aber auch nicht wegsehen beim importierten Antisemitismus. Es existiert ja nicht nur alter Antisemitismus, den es leider und furchtbarerweise schon lang ein Europa gibt, sondern auch einen importierten im politischen Islam, den wir nicht tolerieren dürfen.

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