Kurz, Lunacek und ein "Fake News"-Vorwurf
Erst vor wenigen Tagen trafen sie im Puls4-Duell aufeinander, heute Abend diskutierten sie in einer Neuauflage der schwarz-grünen Konfrontation im ORF: Sebastian Kurz und Ulrike Lunacek. Was schon im Vorfeld klar war: Inhaltlich kamen sich die beiden, die politische Welten voneinander trennen, nicht viel näher. Die grüne Spitzenkandidatin Lunacek versuchte, ein paar Angriffe zu lancieren. Kurz versuchte, diese lässig abzuwehren. Dem ÖVP-Chef war anzusehen, dass er nicht damit rechnete, an diesem Abend viele Stimmen zu gewinnen oder zu verlieren. Auf einen von Lunacek vorgebrachten "Fake News"-Vorwurf zur österreichischen Entwicklungszusammenarbeit war Kurz aber sichtlich nicht vorbereitet (siehe Video).
Entwicklungshilfe Österreichs Entwicklungshilfe Österreichs APA 81d52bf2-35b9-45a4-8bba-2a44ec459ad4 Alle Informationen zur Nationalratswahl finden Sie hierIm Folgenden finden Sie den Liveticker zum Nachlesen:
Kurz, Lunacek und ein "Fake News"-Vorwurf
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Nachreichen wollen wir hier noch die von Lunacek angesprochene Grafik auf der Webseite von Sebastian Kurz. In einem Tweet verweisen die Grünen auf eine OECD-Grafik, die einige Länder zeigt, die bei der Entwicklungszusammenarbeit 2016 vor der Schweiz liegen (Anteil am Bruttonationaleinkommen). In der Grafik auf der Kurz-Webseite steht die Schweiz hingegen ganz oben, wodurch auch Österreich im Spitzenfeld zu liegen scheint. Wer die Grafik erstellt hat und ob sie tatsächlich vom Team Kurz stammt, konnte noch nicht verifiziert werden.
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Ich verabschiede mich an dieser Stelle von Ihnen. In Kürze finden Sie eine Zusammenfassung des TV-Duells auf kurier.at
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Und jetzt schauen wohl viele auf die Webseite von Sebastian Kurz, ob das denn stimmt, mit der falschen Grafik. Ob Ulrike Lunacek heute Abend viel mehr erreicht hat? Kurz war meistens in der Defensive, aber das passt zu seiner selbst gewählten Rolle desjenigen, der den Kanzleranspruch stellt.
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Lunacek stellt keine weiteren Koalitionsbedingungen. Daher tut dies Kurz auch nicht. Man könne sich darauf einigen:
"Sie freuen sich, wenn viele die Grünen wählen"
"Ich freu mich, wenn viele die neue Volkspartei wählen"
Das ist das Kurz-Fazit.
Viel Neues haben wir heute über das Verhältnis zwischen Schwarz und Grün nicht gehört. "Jamaika" ist in Österreich offenbar nur ein Urlaubstraum.
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ÖVP-Europapolitiker Karas halte die FPÖ "für nicht regierungsfähig", sagt Lunacek.
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Die Grünen hätten die Schließung der Westbalkanroute als "Fehler" bezeichnet. Das geht natürlich aus der Sicht des ÖVP-Chefs gar nicht.
"Ich habe noch nie eine Koalition ausgeschlossen", sagt Kurz. Aber dennoch sei eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht besonders realistisch.
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Wieder KEIN Knalleffekt von Kurz: Es sei kein Geheimnis, dass die ÖVP und die Grünen Welten trennen.
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Es sind noch rund zehn Minuten zu absolvieren. Reiterer thematisiert das Grünen-Plakat "Im Kern ist Kurz ein Strache". Müssten die Grünen dann nicht, neben einer Koalition mit der FPÖ, auch eine Koalition mit der ÖVP ausschließen, fragt sie.
Lunacek sieht kaum Schnittmengen mit Kurz, aber dafür zu anderen Politikern in der ÖVP.
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Kurz plädiert bei zukünftigen Freihandelskommen für transparentere Verhandlungen. Aber Freihandel selbst müsse möglich sein, um "die hohen Standards" aufrecht zu erhalten. Die österreichische Debattenkultur findet er "nicht optimal gelaufen". Der Vorwurf geht an Kanzler Kern und die SPÖ.
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Lunacek erneuert ihre Kritik am CETA-Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada. Es schade der heimischen Landwirtschaft und bringe zum Beispiel "Gen-Lachs". Für die Grünen sei die Ablehnung vom CETA im Nationalrat eine Koalitionsbedingung.
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Kurz bestreitet dies, er kenne die Darstellung auf der Webseite nicht. Tatsache sei, dass unter seiner Ägide die Gelder für die Hilfe vor Ort wieder aufgestockt worden seien.
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Kurz nehme es "nicht immer mit der Wahrheit so genau". Thema Entwicklungszusammenarbeit: Ulrike Lunacek sagt, dass auf Kurz' Webseite eine Grafik präsentiert wird, laut der Österreich im europäischen Vergleich weiter vorne liege als in der Realität. Das seien "Fake News wie vom Herrn Trump".
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Aber die Mindestsicherung betrage nur 0,8 Prozent der gesamten Sozialausgaben in Österreich, wirft Lunacek ein.
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Der Deckel bei der Mindestsicherung soll laut Kurz für alle gelten: Österreicher und Flüchtlinge.
In Wien seien mehr als fünfzig Prozent der Empfänger ausländische Staatsbürger.
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Kein Knalleffekt: Auch beim Thema Mindestsicherung ist Kurz nach zwei Sätzen beim Thema Flüchtlinge. In Wien sei es möglich, dass bei einer hohen Zahl an Kindern die Mindestsicherung so hoch wie ein gutes Gehalt sein könne.
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Es geht um die schwarz-grüne Koalition in Tirol. Lunacek findet es schade, dass das"bessere Modell der Mindestsicherung in Wien" im Westen nicht eingeführt werden konnte. Sie will, dass in ganz Österreich "der hohe Standard wie in Wien" gelte.
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Es gibt keinen Knalleffekt: Sebastian Kurz ändert seine Meinung zur Ehe für alle nicht.
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Lunacek: Die Ehe ist ein Rechtsinstitut, aber auch ein "öffentliches Ritual". Ein homosexuelles Paar sollte diesen Begriff genauso verwenden dürfen. "Hier sind Sie stockkonservativ", sagt die grüne Spitzenkandidatin.
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Thema Ehe für alle: Kurz hat eine klare Haltung, sagt er. Es darf keine Diskriminierung geben, daher Verpartnerung erlaubt, auch Adoption. Aber die Ehe soll für Mann und Frau reserviert sein.
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Sebastian Kurz will das König-Abdullah-Zentrum nicht schließen. Und schon spricht er wieder über Burkas und Niqabs.
Reiterer will das Thema politischer Islam abschließen.
Lunacek bedingt sich noch aus, auf den Vorwurf, die Grünen würden nichts gegen die Verbreitung von Burkas und Niqabs tun wollen, zu antworten.
Worauf Lunacek erklärt: Sie sei gegen Burka und Niqab, weil sie ein "Stoffgefängnis" darstellen würden. Das von der Regierung eingeführte Verhüllungsverbot sei aber nicht zielführend.
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Lunacek wirft ihm vor, nicht genug Kritik an Saudiarabien zu üben. Sie thematisiert den Fall Raif Badawi, der noch immer in Haft ist.
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Es geht um das saudische König-Abdullah-Zentrum: Soll dies geschlossen werden, wird Kurz von Reiterer gefragt.
Er wolle den interreligiösen Dialog, der dort stattfinde, nicht abbrechen. Er trete klarerweise gegen den politischen Islam auf, hier sehe er aber keinen Handlungsbedarf.
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Kurz könnte als Integrationsminister auch Selbstverteidigungskurse für Frauen unterstützen, meint Lunacek.
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Lunacek geht auf die von Kurz thematisierten Islamkindergärten ein. Das Prinzip der Säkularität sei den Grünen ganz wichtig.
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Kurz fühlte sich gerade nonverbal von Lunacek unterbrochen. Offenbar ein neues Stilmittel. Als Neos-Chef Strolz auf Puls 4 einmal seine Flügel gehoben hat, hörte Kurz auch zu reden auf.
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Lunacek: Wo Gewalt gegen Frauen passiert, ist das natürlich rechtlich zu verfolgen und gegebenenfalls zu ahnden, "das ist wohl klar".
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Der Außenminister verweist darauf, dass in seinem Kabinett nun statt anfangs einer Sektionschefin nun drei Sektionschefinnen zu finden sind. Dass insgesamt in seinem Kabinett Frauen deutlich in der Minderzahl sein sollen, wie Lunacek andeutet, weist er zurück.
Claudia Reiterer wittert gleich einen Fall für den ORF-Faktencheck in der ZiB 2.
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Kurz repliziert noch auf den Vorwurf von Lunacek, immer die Migration anzusprechen. "Ich weiß, Sie reden nicht gern darüber", sagt er.
Es gebe eben Probleme, daher habe man auch das Verhüllungsverbot beschlossen. Kurz erwähnt eine Gruppe, die dagegen demonstrieren wolle und den Grünen nahestehe. Diesen Einwurf findet Lunacek auch nicht lustig. Sie wisse auch nichts davon.
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Kurz lobt den ÖVP-Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter.
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Lunacek spricht wieder über die Landflucht. Kindergärten würden z.B. in Niederösterreich zu früh zusperren. Auch der öffentliche Verkehr am Land sei zu schlecht ausgebaut.
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Ulrike Lunacek sieht Landflucht auch als weibliches Problem.
Sie merkt noch zu dem Seitenhieb von Kurz auf Gewalt gegen Frauen an, dass Kurz bei jedem Thema immer irgendwie zum Thema Flüchtlinge finde.
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Der ländliche Raum: Medizinische Versorgung soll sichergestellt sein, meint Kurz. Und wie die meisten Parteien wünscht er sich eine bessere digitale Infrastruktur fürs Land.
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Sebastian Kurz versucht es zunächst mit Höflichkeit und würdigt die Verdienste der Grünen. Dann wirft er ihnen aber vor, bei gewissen Herausforderungen durch den politischen Islam, was Gleichstellung zwischen Mann und Frau oder Gewalt gegen Frauen betrifft, vielleicht "blind" zu sein. Die ÖVP sei dies nicht.
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Reiterer fragt beide Kandidaten, warum sie glauben, dass Frauen die jeweils andere Partei wählen könnten. Lunacek versucht es mit einem Scherz: Frauen könnten Kurz wählen, weil er ihnen vielleicht gefällt.
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Das Los hat Ulrike Lunacek vom Betrachter aus links platziert. Los geht's mit Frauenpolitik.
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ORF-Moderatorin Claudia Reiterer begrüßt die beiden Kontrahenten im Studio.
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Ulrike Lunacek war übrigens heute neben vielen anderen Polit-Prominenten beim KURIER-Tag zu Gast. Hier gibt's die besten Bilder.
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Für den ÖVP-Chef ist es das erste Wahl-Duell im ORF. Ulrike Lunacek durfte schon gegen FPÖ-Vize Norbert Hofer und gegen SPÖ-Chef Christian Kern diskutieren.
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Guten Abend aus dem KURIER-Newsroom! Der KURIER-Tag 2017 ist vorbei, aber in Kürze geht's auf dem Küniglberg los mit dem TV-Duell Sebastian Kurz gegen Ulrike Lunacek.
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Unser Liveticker von letzter Woche zum Nachlesen: Das schenkten einander Kurz und Lunacek beim TV-Duell auf Puls 4.
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