Liste Pilz: Schelling bei Steuer-"Abschleichern" säumig

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Rossmann: Finanzminister übermittelte Daten nicht an Finanzämter- Pilz: Schaden für Staat in Millionenhöhe.

Die Liste Pilz sieht Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) bei der Verfolgung von Steuersündern säumig. Der konkrete Vorwurf von Liste Pilz-Kandidat Bruno Rossmann lautet: Schelling habe sogenannte "Abschleicher", die ihr in der Schweiz und Liechtenstein geparktes Geld wieder nach Österreich transferiert haben, bisher nicht den Finanzämtern gemeldet. Dadurch würden dem Staat Millionen entgehen.

Der ehemalige Grüne Budgetsprecher Rossmann verwies am Donnerstag in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Peter Pilz auf das sogenannte Kapitalabfluss-Meldegesetz. Dieses sieht vor, dass österreichische Banken die von "Abschleichern" transferierten Vermögen aus der Schweiz und Liechtenstein dem Finanzministerium melden mussten - und zwar spätestens bis zum 31. Dezember 2016. Diese Meldung konnte nur dann unterbleiben, wenn die "Abschleicher" eine einmalige anonyme Abschlagszahlung von 38 Prozent des meldepflichtigen Vermögens leisten.

Grund für dieses Gesetz waren Steuerabkommen mit der Schweiz und mit Liechtenstein (Stichtag des Inkrafttretens am 1. Jänner 2013 bzw. 1. Jänner 2014). Diese beiden Abkommen sahen vor, dass jene, die Vermögen in der Schweiz geparkt hatten, und weiterhin anonym bleiben wollten, Abschlagszahlungen zwischen 30 und 38 Prozent vom Kapital vornehmen konnten. Andernfalls wäre es zu einer Übermittlung der Kontodaten an die Finanzbehörden gekommen.

"Abschleicher"

Um dem zu entgehen, nutzten viele der Betroffenen - die sogenannten "Abschleicher" - den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Abkommen und deren Inkrafttreten und transferierten ihr mutmaßlich hinterzogenes Vermögen zurück nach Österreich: Laut einer parlamentarischen Anfrage-Beantwortung durch den Finanzminister sind vor dem Inkrafttreten der Abkommen 19.189 Kapitalzufluss-Meldungen (davon 15.345 aus der Schweiz und 3.844 aus Liechtenstein) eingelangt, sagte Rossmann. Der gemeldete Kapitalzufluss betrug demnach rund 3,3 Mrd. Euro.

Unter der Annahme, dass nur die Hälfte dieser Summe hinterzogenes Steuergeld ist und dieses mit einem durchschnittlichen Steuersatz aus Einkommensteuer und Kapitalertragsteuer von 35 Prozent versteuert hätte werden müssen, hätten knapp 600 Mio. Euro in die Kassen des Staates fließen müssen, sagte der Nationalratsabgeordnete. Allerdings seien zwischen September und Dezember 2016 laut Anfrage aus diesen Abschlagszahlungen lediglich knapp 30 Mio. Euro in die Kassen des Finanzministers geflossen, eine Summe, die Rossmann als äußerst bescheiden ansieht.

Ein "wirklicher Skandal" sei es, dass Schelling alle Daten der sogenannten "Abschleicher", die bereits an ihn ergangen sind, bisher (mit Stand 3. Oktober 2017) nicht an die Finanzämter zur Prüfung weitergegeben habe, so Rossmann - das habe er aus "zuverlässigen Quellen" der Finanzbehörden erfahren. Dabei habe Schelling noch im Finanzausschuss am Mittwoch davon gesprochen, dass alle Fälle aufgearbeitet werden.

Unterstellter Millionenschaden

Der Finanzminister habe damit einen Zeitraum von neun Monaten verstreichen lassen, um die hinterzogenen Steuern rasch einzutreiben. Pilz sagte dazu, wenn man bei den 600 Mio. Euro eine Verzinsung von drei Prozent annimmt, so habe Schelling dem Staat einen Schaden von 15 Mio. Euro verursacht. Mit diesen 600 Mio. Euro hätte man darüber hinaus sechs Jahre lang die derzeit in Diskussion stehende "Unterhaltsgarantie" finanzieren können, so Pilz.

Aufgrund des Versäumnisses Schellings sei es auch nicht möglich gewesen, den "Fall Pierer" zu untersuchen, sagte Rossmann mit Verweis auf Berichte, wonach KTM-Chef und ÖVP-Großspender Stefan Pierer kurz vor dem Steuerabkommen mit Liechtenstein 20,8 Mio. Euro nach Österreich zurücküberwiesen haben soll. Auch wenn Pierer behauptet, dass alle Steuern bezahlt worden seien, hätten die Finanzbehörden dies bisher nicht überprüfen können, so Rossmann.

Rossmann und Pilz wollen nun von Schelling unter anderem wissen, wann diese Prüfungen stattfinden, und welche Begründung der Minister für das "Versäumnis" vorweisen kann.

"Fassungslos" über Pierer gab sich unterdessen auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Auf Facebook postete er: "Ein ÖVP-Unternehmer, der bei einem ÖVP-Finanzminister kaum Steuern zahlt, spendet der ÖVP im Wahlkampf über 400.000 Euro. Das macht wütend. In welchem rot-schwarzen Sumpf befinden wir uns?"

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